Erschreckend!

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Rezensionstime! 🎉 [Werbung; Rezensionsexemplar]

Manchmal sind Bücher einen zweiten Blick wert; denn ganz ehrlich, hätte ich mich nur auf die Leseprobe verlassen und wäre meinem Bauchgefühl nicht gefolgt, wäre mit "Institut für gute Mütter" ein wirklich beeindruckender Roman an mir vorbei gegangen.

Die Geschichte um Frida, eine Frau in ihren späten dreißigern mit chinesischen Wurzeln, die eines Tages vom Alltag und Arbeitsleben mit einem Kleinkind überfordert ist und so ihre Tochter für wenige Stunden allein zu Hause lässt, ist nicht nur tragisch, sondern regt konsequent zum Nachdenken an.
Dieses Kriterium bedeutet mir viel, denn so sehr ich es auch mag "bloß" unterhalten zu werden, so viel bedeutet es mir auch die Geschichte noch vor Augen zu haben, wenn ich den Buchdeckel schließe.

Online wird "Institut für gute Mütter" mit "Der Report der Magd" der Squid Game Generation verglichen. Während des Lesens erinnerte ich mich eher an "Orange is the New Black" erinnert.

In der Leseprobe las ich davon, wie Frida von der Polizei kontaktiert wird, weil ihre nicht mal zweijährige Tochter Harriert vom Sozialdienst abgeholt wurde. Hier war mir Frida noch unsympathisch; ich konnte absolut nicht nachvollziehen warum man ein so kleines Kind allein zu Hause lässt, auch wenn es nur wenige Stunden sind und egal, wie sehr einem Arbeits- und Babystress mürbe machen.
Zum Glück änderte sich meine Einstellung zu Frida (jedoch nicht zu ihrem Vergehen) im Laufe des Buches.
Man lernt die verzweifelte Mutter immer näher kennen, man fängt an zu bangen während Frida ums Sorgerecht kämpft.
Und man folgt Frida zum Institut für gute Mütter, zu dem sie geschickt wird um ihre mütterlichen Qualifikationen zu verbessern, um Harriet wieder in die Arme schließen zu dürfen.

Was im Institut passiert, hat im Institut zu bleiben. Das ist hier nicht nur ein fescher Spruch, sondern vertraglich festgelegt.
Würde die Außenwelt davon erfahren, gäbe es wohl auch einen Aufschrei - denn dieser Schauplatz ist zwar dafür ausgelegt "schlechte" Mütter zu guten Müttern zu machen. Tatsächlich ist dieser Ort aber das blanke Grauen.
Ich als Leserin (und vorallem als Mutter) bin heilfroh, dass ich hier mit einer Utopie konfrontiert wurde. Zutiefst faszinierend - ich konnte den Roman nicht aus der Hand legen und habe die 430 Seiten an zwei Tagen verschlungen - aber auch thematisch grauenvoll. Mir standen mehrmals Tränen in den Augen. Hier werden jede Menge Emotionen angepiekst und das nicht nur für Mütter. Auch Rassismus, Misogynie und Depressionen/suizidales Verhalten werden hier angesprochen, während Frida und andere Frauen durch die Hölle gehen, um ihre Kinder zurückzubekommen.

Man sieht, Jessamine Chan hat mich mit ihrem Debüt aufgewühlt.
Und das, wo mir anfangs weder der Schreibstil, noch die Protagonistin gefielen. Jedoch aber das Thema.
Letztendlich gefielen mir alle drei Aspekte, vorallem aber, dass ich reflektierte.
Ein absolut lesenswertes Buch!