wie eine verstörende Folge Blick Mirror

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brombeere Avatar

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Worum geht es?
Eine Mutter lässt ihre kleine Tochter zwei Stunden alleine, Polizei und Jugendamt werden eingeschaltet. Ihre Tochter kann sie nur zurück bekommen, wenn sie bei dem neuen Programm im Institut beweist, dass sie wirklich eine gute Mutter sein kann.

Worum geht es wirklich?
Liebe, Kampf und Selbstaufgabe.

Lesenswert?
Ja, Gänsehaut-Feeling. Die Handlung ist dystopisch, aber eben nicht so weit von einer Realität entfernt, dass es einen kalt lässt. Den bürokratischen Ablauf und die Sorge des Jugendgerichts kann man als Leser*in sehr gut verstehen und das Verständnis für Frida fehlt ein wenig. Bis man dann gemeinsam mit der Protagonistin entdeckt, wie diese Schulung im Institut abläuft, welche Forderungen an die Mütter gestellt werden und welche grausamen Situationen erzeugt werden, um ihre Elternkompetenz zu testen und zu trainieren.
All das ist einfach ein bisschen unrealistisch, aber nicht völlig unvorstellbar. Gerade dieser Aspekt man es so schauerlich und fassungslos erfährt man immer wieder von noch anstrengenderen Szenarien.
Auch wenn man mit Frida, und auch mit anderen Müttern, zu Beginn nicht viel Mitleid hat, weil sie ja tatsächlich ihre Aufsichtspflicht verletzt und das Kindeswohl gefährdet haben, kann man die Frustration und Wut der Frauen verstehen, wenn sie ihren Lehrerinnen gegenüber stehen.
Viele der Übungen sind ekelerregend, demütigend und psychisch zerstörend, doch am Ende lockt immer die Erlaubnis, das eigene Kind zurückbekommen zu können.
Faszinierend habe ich das Verhältnis der Frauen untereinander empfunden und wie Rassismus, Sexismus und auch patriarchale Einflüsse (unterschiedliche Erwartungen an Väter und Mütter) in der Handlung ihren Raum finden.
Die Abschnitte, erzählt aus Fridas Sicht, hatten eine angenehme Länge und mir persönlich hat der Spannungsaufbau gefallen.
Die Sprache der Übersetzung gefällt mir wirklich gut, da sie sich bemüht ohne Diskriminierung auszukommen und der lesenden Person trotzdem zu vermitteln, was passiert. Finde ich der aktuellen Zeit und den Ansprüchen angepasst und hat sich beim Lesen einfach gut und richtig angefühlt. (Zur Info: Das Hörbuch weicht hier an einigen kleinen Stellen vom Buch ab.)
Während des Lesens habe ich mir immer wieder vorgestellt, wie das Buch enden könnte und dachte lange Zeit, dass ich mir jedes Ende vorstellen könnte und mir jedes auf seine eigene Art und Weise gefallen würde. Als dann das tatsächlich Ende kam, war ich überraschender Weise schon irgendwie enttäuscht.
Das Buch war ähnlich wie manche Folgen der Serie Black Mirror: Je näher an der Realität, desto verstörender kommt es einem vor. Ich würde das Buch definitiv weiter empfehlen!