Wie werde ich eine gute Mutter?

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"Das Institut für gute Mütter" ist der hoch gelobte Debutroman von Jessamine Chan. Nicht nur lese ich gerne auch asiatische Literaturen, sondern der Titel machte mich auch sogleich neugierig - zumal das Werk mit Atwoods "Report der Magd" verglichen wird. Ich war also sehr gespannt, was mich erwarten würde.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Frida. Frida lebt getrennt von ihrem Ehemann, der nun mit einer jüngeren Frau liiert ist und ist oft mit dem Spagat zwischen Mutterschaft und Berufsleben überfordert. Ihre kleine Tochter Harriet, die gerade zahnt, ist ein Schreikind und zerrt an ihren Nerven. Alles, was Frida sich sehnlichst wünscht, ist einen Moment der Ruhe und sei es auch nur, um Unterlagen aus dem Büro zu holen. Als sie dies in die Tat umsetzt und Harriet 2 Stunden allein lässt, ruft das die Kinderschutzbehörde auf den Plan, die von Nachbarn alamiert wurde. Frida muss sich vor Gericht verantworten und soll in einem "Institut für gute Mütter" unter Beweis stellen, dass sie die Wiedererlangung des Sorgerechts auch verdient hat; dass sie in der Lage ist, ihrer Tochter eine gute Mutter zu sein. Frida bleibt keine andere Wahl als sich diesem harten Trainingscamp auszusetzen, während Tocher Harriet bei ihrem Exmann Gust und dessen neuer Lebensgefährtin untergebracht wird. Regelmäßig warten auf sie und die anderen Mütter, die sich an ihren Kindern "versündigt" haben, neue Herausforderungen. Und nur die Besten unter ihnen werden zwischenzeitlich belohnt, indem sie mit ihren Liebsten - auch den Kindern - telefonieren dürfen. Geübt wird mit programmierten Puppen, doch bringt dies die Mütter ihrem Ziel, der Widervereinigung mit ihren Kindern wirklich näher?

Ich habe das Buch nahezu in einem Rutsch und fast atemlos gelesen. Es hat mich sehr gefesselt, schockiert und die unterschiedlichsten Emotionen in mir hervorgerufen. Dabei ist diese Dyatopie gar nicht soo realitätsfern. Das ist vielleicht gerade das Erschreckende. Ist man vielleicht anfangs noch entsetzt über die Nachlässigkeit von Frida, so wächst einem die Protagonistin im Verlauf der Geschichte immer mehr ins Herz. Ich habe mit ihr gefühlt, gelitten, gebangt und gehöfft. Nur selten löst eine Lektüre in mir solch starke Emotionen aus, wie es hier der Fall war. Das Gelesene hallt auch jetzt noch nach, beschäftigt mich, regt zum Nachdenken an. Eine unbedingte Leseempfehlung von mir, allerdings gerade für Mütter verbunden mit dem Hinweis, dass dies wirklich harter Tobak ist.