Die heimatlose Erzählerin

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dicketilla Avatar

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Das Cover stellt diese im Buch behandelte Intimität hervorragend dar. Eine Dolmetscherin flüstert Worte in das Ohr ihres Mandanten. Worte, die gut gewählt werden müssen, da deren Bedeutung sehr gewichtig sein können.

Die Handlung wird durch eine namenlose Erzählerin erzählt. Nachdem der Vater verstorben war, die Mutter zurück in ihr altes Heimatland zog, hatte sie sich in Den Haag am Europäischen Gerichtshof beworben. So verließ sie ihre alte Heimat und zog von New York nach Den Haag. Auf der Vernissage lernt sie Adrian kennen, der sie aber bald verlässt, um die Scheidung und das Sorgerecht mit seiner Frau in Lissabon zu besprechen. Das Glücksgefühl, angekommen zu sein, wird bald von Zweifel und Verlassensein geprägt.

Dann bekommt sie das Angebot für einen afrikanischen Ex-Präsidenten in einem Kriegsverbrecher Prozess wegen Menschenrechtsverletzungen zu dolmetschen. Dieser Auftrag wird ihre Sicht auf die Hinterfragung von Recht und Unrecht maßgebend beeinflussen und ihr Handeln beeinflussen.

Es ist ein Buch der leisen Töne, die sich aber am Ende in ein gewaltiges Sprachrohr wandeln. Die Handlung kommt ohne direkte Rede aus, und dadurch entsteht für den Leser eine besondere Nähe. Gedankengänge werden sichtbar, von den unterschiedlichsten Personen getragen. Die sonst an sich zweifelnde Protagonistin gewinnt im Laufe der Handlung mehr an Farbe. Sie muss sich zwischen Wahrheiten und Widersprüchlichkeiten auseinandersetzen.

Es ist eher ein Buch der leisen Töne, in dem die Sprache, die Wortwahl dominieren. Der Leser sich darauf einlassen muss. Es ist aber auch die Geschichte einer Heimatlosen, die davon träumt, anzukommen.

Man sollte sich auf das Buch einlassen, wenn nicht die Handlung, sondern die Personen dahinter entscheidend sind.