Die Intimität beim Übersetzen

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löwenmutter Avatar

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Von New York nach Den Haag an den Internationalen Strafgerichtshof wechselt die Hauptfigur des Romans. Den Haag ist mit seinen unterschiedlichen Seiten zwischen pittoresk und etwas runtergekommen ein gut gewählter Schauplatz. Dort beginnt die Hauptfigur eine Beziehung mit einem Mann, der in Trennung lebt. Obwohl die Ex nicht vor Ort ist, bleibt sie präsent und spielt eine große Rolle in der Beziehung.

Die Autorin ist eine sehr gute Beobachterin ihrer Umgebung und der menschlichen Beziehungen. Es gelingt ihr mit der Hauptfigur, die als Dolmetscherin am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag arbeitet, die Bedeutung von Sprache und des Dolmetschens greifbar zu machen. Übrsetzen ist nicht nur technisch. Es geht um Betonungen und Interpretationen. Man verleiht anderen eine Stimme, hat am Strafgerichtshof die Aufgabe Unaussprechliches auszusprechen. Mich haben diese Momente beeindruckt und an "Mein Herz so weiß" von Javier Marias erinnert. Und Katie Kitamura muss diesen Vergleich nicht scheuen.

Beim Übersetzen entsteht eine Intimität zwischen wildfremden Menschen. Situationen, in welchen unbeabsichtigt Intimes preisgegeben oder mitgehört wird, ziehen sich durch den Roman und geben ihm seinen Titel. Wie geht man um mit dem Wissen, das man dadurch erlangt? Verändert es den Blick auf die Welt? Verändert es mich?

Ein Roman mit Tiefgang.