Großartig erzählt

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bluevanmeer Avatar

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Als ihr Vater stirbt, wechselt die Ich-Erzählerin den Job und zieht nach Den Haag. Am Internationalen Gerichtshof übersetzt die Frau nun die Aussagen angeklagter Ex-Präsidenten, als sie im aktuellen Fall zusätzlich als persönliche Dolmetscherin für die Gespräche des Exdiktators mit seinem Anwaltsteam angefordert wird. Dort erscheint er ihr sympathisch, sorgt dafür, dass die Dolmetscherin sich in einem Zwiespalt befindet. Der Exdiktator bleibt unberührt von den geschilderten Gräueltaten der Opfer, er erscheint locker und sympathisch, wenn er mit seinem Anwaltsteam spricht. Es entsteht eine Nähe zwischen der Dolmetscherin und ihm, die sie kaum abweisen kann.

"Dem Gerichtshof und all seinen Aktivitäten wohnte eine gewisse Spannung inne, die aus dem Widerspruch der Intimität persönlichen Leids und dessen öffentlicher Zuschaustellung entstand." (S.20)

Außerdem lernt die Ich-Erzählerin auf einer Party Adrian kennen, der ihr anbietet, kurzfristig auf seine Wohnung aufzupassen, da er noch mit seiner Exfrau die Scheidung abstimmen muss und dafür nach Lissabon fährt. Die Protagonistin lebt also in einer für sie fremden Wohnung ohne zu wissen, ob der Mann, den sie gerade erst kennengelernt hat und mit dem sie gerade eine Beziehung begonnen hat, wiederkommt.

"Intimitäten" ist ein fantastischer Roman, der eine ungewöhnliche Perspektive eröffnet. Leise und sensibel erzählt der Roman von einer Übersetzerin, die sich selbst heimatlos fühlt, nirgends dazu gehört und von vielen kleinen intimen Momenten, in denen Menschen sich begegnen.