Menschlichkeit

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Rezension zu "Intimitäten" von Katie Kitamura

Kurz zum Inhalt:
Eine erfolgreiche Dolmetscherin zieht nach Den Haag und wird dort mit allen dazugehörigen Herausforderungen konfrontiert: Neuer Job am Internationalen Gerichtshof, die Suche nach neuen Freund:innen und Kontakten, ein neuer Mann in ihrem Leben, der scheinbar einiges verbirgt und eine neue Wohnung in einer fremden Stadt, die auf den ersten Blick nicht sehr einladend wirkt. Es geht um die Suche nach Halt, nachdem der Erzählerin der gewohnte Boden unter den Füßen weggerissen wurde. Die Suche nach Heimt. Nach dem Ankommen.

Es "menschelt" in diesem prosaischen Roman. Tatsächlich könnte die gesamte Geschichte ein kleiner Ausschnitt aus einem ganz normalen Leben sein. Sowas liest man nicht oft und ich bewundere die Autorin für ihren Mut, über so banale Inhalte zu erzählen. Der Schwerpunkt liegt nämlich definitiv nicht am Erzählten. Das ist recht schnell abgehandelt und erfassst. Wie der Titel "Intimitäten" schon verrät, möchte uns Katie Kitamura die intime Seite ihrer Protagonist:innen zeigen. Alles was einen Menschen "innen drin" wirklich bewegt, während er (oder in dem Fall sie) eben so durch die Höhen und Tiefen eines Alltags wandelt.
Das kann unglaublich spannend, mitreissend und berührend sein. Muss es aber nicht. Nämlich dann, wenn es nicht gelingt wirklich überraschende intime Einblicke zu schaffen. Das ist hier aus meiner Sicht leider passiert.
Es fängt stark an. Ich hatte permanent das Gefühl, dass die Geschichte in jedem Lesemoment kippen wird. In eine völlig andere Richtung. Es lag eine düstere Grundstimmung über dem Buch. Ich habe fest damit gerechnet, dass es in Richtung Krimi, Horror oder dergleichen gehen wird. Damit lag ich falsch. Dennoch habe ich dieses latente Spannungsgefühl beim Lesen sehr genossen.
Gefehlt hat mir letztendlich der Tiefgang. Die Gedanken, Emotionen und Reaktionen der vorkommenden Personen waren mir durchwegs zu vorhersehbar. Die Autorin konnte mich nicht überraschen oder schockieren oder eben sonst eine Gefühlsregung in mir auslösen, die über das Alltägliche hinausgeht. Das ist schade, denn deshalb lese ich. Die Geschichte und das Lesegefühl war mir einfach eine Spur zu gewöhnlich.