Sehr intensiv und eindringlich

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Intimitäten von Katie Kitimura ist ein sehr eindringliches, feinfühliges und psychologisch äußerst fein gezeichnetes Buch.
Die Erzählerin ist Dolmetscherin am Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Mit der Stadt verband sie bislang wenig, ihr Vertrag ist nur befristet. Doch dann lernt sie Adriaan kennen. Seine Noch-Ehefrau hat sich mit den Kindern nach Lissabon abgesetzt. Zwischen ihm und der Dolmetscherin beginnt dennoch eine sehr intime Beziehung. Doch dann reist Adriaan seiner Frau hinterher, zunächst nur um ein paar Dinge zu klären, bis er plötzlich auf keine Nachricht mehr reagiert. Für die Erzählerin beginnt eine ungewisse Zeit. Gleichzeitig kommt sie bei ihrer Arbeit einem angeklagten Kriegsverbrecher deutlich näher, als ihr recht ist.
Ich bin immer wieder fasziniert, wie es manche Auror*innen schaffen, auf so wenigen Seiten eine derart intensive Geschichte zu erzählen. Nicht nur habe ich sehr viel über die Arbeit von Dolmetschern gelernt, wie wichtig hier jedes Wort ist und auch der Ton, in dem es gesagt wird. Katie Kitamura beschreibt auch viele der alltäglichen Ängste von Frauen sehr treffend.
Auch das Spiel mit Wahrheit und Lüge, in das die Erzählerin verstrickt wird, wurde äußerst feinsinnig herausgearbeitet. Interessant ist dies auch gerade im Zusammenhang mit der Dolmetschertätigkeit, bei der die richtige Kommunikation so essenziell ist. Die Dolmetscher*innen, über die sich außerhalb der Welt des Gerichts vermutlich nur Wenige Gedanken machen, spielen eine wichtigere Rolle als allgemein angenommen. Nun wird eine von ihnen in eine Situation gebracht, in der sie sich eigentlich nicht befinden sollte und es wird ihr mehr korrekte Kommunikation abverlangt denn je. Gleichzeitig macht ihr im privaten Bereich gerade dieser Mangel zu schaffen.
Für mich ein ganz fulminantes Buch.