Die Geschichte der Banatschwaben

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buecherfan.wit Avatar

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Catalin Florian Dorescu entführt uns in seinem neuen Roman "Jakob beschließt zu lieben" in eine archaische Welt. Im Dorf Triebswetter im rumänischen Banat  leben die Nachfahren der Schwaben, die nach dem 30jährigen Krieg auf der Suche nach einem besseren Leben hierher kamen. Hier taucht in einer stürmischen Nacht ein Fremder namens Jakob auf. Er hat einen Zeitungsausschnitt mit dem Foto einer Frau bei sich, die er heiraten will, wie er dem Apotheker Alex Neper mitteilt. Er lässt sich von Neper verpflegen und trockene Kleidung geben, weigert sich aber, beim Löschen des Feuers zu helfen, das nach einem Blitzeinschlag den Hof von Niclaus Obertin und seiner Tochter Elsa, genannt "die Amerikanerin", zerstört. Elsa ist die Frau, die Jakob sucht. Am Morgen nach dem Brand geht er zu ihr und trägt sein Anliegen vor. Er sei zwei Monate zuvor in Bokschan in den  Karpaten aufgebrochen und ihretwegen hier.

Der Romananfang liefert eine anschauliche Schilderung der Naturgewalten, denen die Dörfler ausgeliefert sind, und des harten Lebens mit schwerer Arbeit und bitterer Armut. Der einzige Lichtblick sind Schnaps und "animalische Kopulation", die der Autor drastisch beschreibt (S. 23). Die Menschen sind gottesfürchtig, aber es gibt auch viel Aberglauben. Stürme zeugen vom Kampf von Gott mit den Teufeln. Von Jakob, der den Orkan überlebt hat, glaubt man, er habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Hier herrschen noch strenge Sitten. Es gibt die "Liebesdienst" genannte Nachbarschaftshilfe in schwierigen Situationen, aber auch drakonische Strafen für moralisch-sittliches Fehlverhalten: Auspeitschen, an den Pranger stellen und Verbannung aus der Dorfgemeinschaft. Die Beziehung zwischen dem Baron oder Gutsherr und den Dörflern erinnert an mittelalterliche Verhältnisse. In dieser entlegenen Region sind offensichtlich archaische Formen der Zivilisation erhalten geblieben.

Die Erzählung setzt im Jahr 1924 mit Jakobs Ankunft in Triebswetter ein und wird von einem Ich-Erzähler erzählt: Jakobs und Elsas noch namenlosem Sohn. Der Klappentext verspricht eine umfangreiche Familiengeschichte, eine Geschichte von Liebe und Verrat, von Schicksalsschlägen und vom schwierigen Überleben. Der Roman bietet auch Geschichtsunterricht, wenn er 300 Jahre Geschichte der Rumänendeutschen im Banat erzählt, ein Thema, das  letztes Jahr durch  Nobelpreisträgerin Herta Müller in das Zentrum des Interesses gerückt wurde. Mir gefällt die Leseprobe sehr gut, und ich finde Geschichtsunterricht in Form eines Familienromans besonders lesenswert und interessant.