Jacob und Jakob

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sikal Avatar

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Ein aufbrausender Sturm, der über das Land fegt. Ein Gewitter, das er mitbringt – als Mitbringsel? Oder bringt das Gewitter ihn ins Dorf? Er, das ist Jakob. Er, der Habenichts. Er, der zähe unnahbare Stallbursche. Er, der keinen Nachnamen hat. Er, der Elsa heiraten will…

Jakob kommt ins Dorf Triebswetter und hat genaue Vorstellungen von seinem zukünftigen Leben, er wird die „Amerikanerin“ Elsa Obertin heiraten, wird ihren Hof ausbauen und Kinder mit ihr haben, er wird reich und unabhängig sein und jeder wird vor ihm den Hut ziehen…

Soweit seine Vorstellungen – ganz spielt das Leben nicht so, wie Jakob es gerne hätte. Zuerst scheint alles wie am Schnürchen zu laufen, die beiden heiraten, Jakob baut den Hof wieder auf, er organisiert alles und kümmert sich um viele Dinge. Nur seine Aggressionen kann er nicht im Zaum halten und oft fällt er durch seine brutalen Ausbrüche aus der Rolle. Als Elsa, dann einen Sohn bekommt, scheint es nur noch schlimmer zu werden. Jacob (mit c) ist ein schwächliches Kind und wird von seinem Vater verschmäht. Er lässt ihn spüren, dass er ihn für einen Nichtsnutz hält und schlägt ihn bei jeder Gelegenheit. Nur beim Großvater und bei der Zigeunerin Ramina kann der Junge etwas Liebe bekommen.

Als auch der zweite Weltkrieg vor Triebswetter nicht halt macht, geht es Schlag auf Schlag. Erst werden die Zigeuner deportiert, bei Säuberungsaktionen wird die Freundin von Jacob – das Serbenmädchen Katinca – ermordet. Jacob wird von seinem Vater verraten und erfährt eine schlimme Zeit, muss hungern, erfriert fast und nur mit viel Glück kann er Jahre später wieder in seine Heimat zurück. Doch es ist nichts mehr so wie es war – die langen Fäden des Kommunismus haben sein Dorf erreicht und wieder muss Jacob alles mögliche Erleben: Gewalt, Enteignung, Deportation, viele Enttäuschungen und die Willkür von Bürgermeister und Miliz

Jacob versucht eigentlich sein Leben lang, irgendetwas zu tun, was ihm bei seinem Vater Anerkennung bringt. Leider ist sein Vater besessen von Stärke und Willenskraft – beides sind Eigenschaften über die Jacob nicht verfügt. Erst zum Schluss findet Jacob gezwungenermaßen eine Möglichkeit, einen Weg zu finden – zwar nicht hoffnungsvoll, aber immerhin…

In Rückblenden erfährt man viel Geschichtliches über Jahrhunderte hinweg. Die Obertins stammen ursprünglich aus Lothringen, sind über ein Aussiedlungsprogramm zu Zeiten Maria Theresias unter beschwerlichen Umständen ins rumänische Banat gekommen. Sie haben dort das Dorf Triebswetter gegründet und aufgebaut.

Durch die kommunistische Befreiung nach dem zweiten Weltkrieg sehen sich etliche Dorfbewohner gezwungen, noch einmal neu anzufangen und dies wollen sie in ihrer ursprünglichen Heimat, in Lothringen, noch einmal tun. Doch auch dort sind sie nicht willkommen.

Catalin Dorian Florescu ist ein rumänischer Schriftsteller, der mittlerweile in der Schweiz lebt. Er beschreibt die Geschichte Jacobs als Ich-Erzählung sehr glaubwürdig, detailliert ohne langatmig zu werden und lebendig. Manches Mal beinahe poetisch, was nicht unbedingt ein Widerspruch zu dem schwierigen Thema sein muss.

Für alle, die sich eine romantische Liebesgeschichte aufgrund des Titels erwarten, ist dieses Buch nicht empfehlenswert. Allen anderen, die sich in einer wunderbaren Geschichte quer durch die Wirren Europas verlieren können, sei gesagt: Einfach großartig!