erstmals nicht komplett begeistert

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„Du hättest all diese Menschen retten müssen. Das hier geht auf dein Konto, mein Freund.“ (Lucien zu Hunter in Jagd auf die Bestie)

Worum geht’s?

Er ist entkommen. Die Nachricht ist für Robert Hunter wie ein Schlag in die Magengrube. Ausgerechnet Lucien Folter, der wohl perfideste und intelligenteste Mörder, den Hunter jemals überführt hat, konnte aus dem Gefängnis entkommen. Und er hinterlässt eine Spur aus Leichen. Doch sein Ziel ist es nicht, für immer zu verschwinden. Nein, er möchte seinen alten Studienfreund Hunter zu einem letzten Spiel herausfordern. Sein Grund: Rache. Wer wird das Duell gutes Genie gegen böses Genie gewinnen?

Jagd auf die Bestie ist der 10. Teil der Buchreihe vom die Detectives Hunter und Garcia. Das Buch kann ohne Vorkenntnisse gelesen werden, es empfiehlt sich allerdings, zumindest „Die stille Bestie“ gelesen zu haben.

Schreibstil / Gestaltung

Das Cover ist wieder relativ schlicht und nichtssagend, passt jedoch gestalterisch zu den Vorgängerbänden. Der Titel ist eine direkte Anlehnung an „Die stille Bestie, Band 6 der Reihe, in dem es um Lucien Folter ging. Dennoch würde weder Cover noch Titel meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Das Buch verfügt über 110 gewohnt kurze Kapitel, wie es stets bei Chris Carter der Fall ist. Die Kapitel enden obligatorisch mit kleineren Cliffhangern. Die Geschichte wird aus Sicht eines Erzählers, teils mit Fokus auf Hunter, teils mit Fokus auf Lucien erzählt. Somit hat man stets Einsicht, was der Jäger und was der Gejagte gegenwärtig macht. Der Schreibstil ist verständlich, leicht lesbar und es entsteht ein guter Lesefluss. Chris Carter verzichtet auf komplizierte Stilmittel und verursacht lieber mit Schlichtheit und Details das große Grauen. Das Buch enthält Gewaltdarstellungen, detaillierte Beschreibungen von Leichen und ist definitiv nichts für Zartbesaitete.

Mein Fazit

Ich bin ein bekennender Chris Carter Fan. Es gibt keinen Autor, bei dem ich blind zu den Büchern greife. Die Reihe um Hunter und Garcia gehört zu meinen absoluten Lieblingen. Daher war für mich klar, dass ich auch Band 10 der Reihe lesen musst. Erstmalig gibt es hierbei ein Wiedersehen mit einem alten Täter. Ich war sehr gespannt, wie der Autor dies löst.

Der Einstieg in das Buch gelang mir gewohnt einfach. Die Geschichte startet unmittelbar mit dem Ausbruchsgeschehen von Lucien, der nach Jahren in der Unterbringung auf gewohnt perfide Weise seinen Weg zurück in die Freiheit sucht. Hunter wird hiervon zeitnah informiert und das Spiel beginnt. Anders als bei „Die stille Bestie“ ist dieses Mal auch sein Partner Garcia mit dabei. Gemeinsam mit zahlreichen Behörden beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel. Schnell wird klar, dass Hunter die einzige Person ist, die Lucien überhaupt wieder einfangen kann. Und das sollte schnell geschehen, denn Lucien geht über Leichen.

Auch wenn ich schnell ins Buch gefunden habe, dauerte es dennoch einige Zeit, bis die Geschichte mit abgeholt hat. Vielleicht lag es daran, dass im ersten Drittel des Buches sehr viele Rückblicke und Erklärungen eingeführt wurden, damit Neu-Leser verstehen, wer Lucien ist, was ihn und Hunter verbindet und wieso er so eine Gefahr ist. Für Stamm-Leser war dies leicht ermüdend. Ich habe gewartet, dass es endlich losgeht. Denn es dauert alles seine Zeit und das war für mich bei einem Chris Carter sehr ungewohnt. Generell hatte ich lange, sicher zwei Drittel des Buches, das Gefühl, es würde kaum etwas passieren. Sicher, Lucien ist nicht untätig und es gibt nette Situationen, die es einem wirklich eiskalt dem Rücken runterlaufen lassen. Insgesamt wirkte das Buch für mich dieses Mal aber sehr gediegen in der Geschwindigkeit und ich hatte erstmals bei den 10 Büchern das Gefühl, keinen Pageturner vor mir zu haben. Während ich die Vorgängerbände wirklich teils in einem Rutsch verschlungen habe, habe ich Jagd auf die Bestie teilweise mehrere Tage liegen lassen. Erst relativ spät nahm das Buch für mich Fahrt auf, der gewohnte Chris Carter kommt wieder zum Vorschein. Perfide Situationen, psychologisch komplexe Spielchen von Lucien und Hunter sowie ein überraschendes, wenngleich auch etwas wirres Finale können das Buch noch retten. Der Weg dahin war allerdings etwas steinig.

Woran es liegt, vermag ich nicht ganz zu sagen. Vielleicht ist es, weil dieses Mal von Anfang an klar ist, wer der Täter ist und wieso er so handelt. Das war für mich ein Novum, denn gerade diese Fragen waren meist der Antrieb der Bücher. Dadurch, dass sich das Buch auf Lucien beschränkt, der zwar gern in die Trickkiste greift, aber für den Leser ansonsten ein offenes Buch ist, fehlte etwas. Es war klar, dass es zum großen Aufeinandertreffen kommen wird, nur das wie und wann war noch offen. Dadurch fühlte ich mich teilweise nicht so gut unterhalten und empfand das Buch als eher unspannend. Auch hatte ich dieses Mal das Gefühl, dass Ermittlungsarbeit kaum stattfand und so kommt es auch, dass das Aufeinandertreffen eher ein Zufallsakt ist, der von Lucien perfekt durchgeplant ist, von Hunter aber nicht. Generell wirkte Hunter in diesem Buch ungewohnt einfallslos. Zwar lehrt er dem Leser mit zahlreichen Informationen immer noch Vieles, aber es kam nicht dieses Feeling rüber wie bei den Vorgängerbänden.

Charakterlich hat das Buch wenig zu bieten. Carolos Garcia, Hunters Partner, ist anders als bei „Die stille Bestie“ mit von der Partie, geht für mich im Buch aber zu sehr unter. Oftmals ist er nur dafür da, Fragen zu stellen, die sich dem Leser aufgeworfen haben. Ansonsten ist er eine Randfigur. Gleiches gilt für die hinzugezogenen Agents, die vernachlässigbar sind. Hunter ist weiterhin der Scotch-Liebhaber und seine gegenwärtige Flamme spielt auch eine Rolle in diesem Buch, Chris Carter bevorzugt es aber mal wieder, Hunter ins Verderben zu stürzen. Lucien als böser Mastermind ist erneut erschreckend, aber zugleich eindimensional in die Geschichte integriert.

Insgesamt bleibt von diesem Buch wenig hängen. Ich habe mich nicht gelangweilt, ich hatte aber auch nicht die gleiche Lesefreude wie sonst. Für mich ist das Experiment „Fortsetzung“ gescheitert. Es fehlte hierdurch an elementar wichtigen Elementen, die den Leser bei Laune halten. Die Geschichte wirkte insgesamt nicht so rund und zufriedenstellend. Die komplexe Auflösung, die rückblickend erklärt wird, ist fast schon zu stark konstruiert und wirkt etwas wirr. Ich hoffe sehr, dass der nächste Band von Chris Carter, sofern er weiterschreibt, wieder mehr mit sich bringt. Jagd auf die Bestie ist im Vergleich zu den Vorgängerbänden eher Wunderkerze als Rakete.

[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]