Komplex, aber es fehlt an Spannung

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mrs-lucky Avatar

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Als ich das Buch zu Ende gelesen hatte, blieb erst einmal eine gewisse Ratlosigkeit. Das war es jetzt? Fand ich das Buch gut? Ist die Geschichte spannend?
Wer die Reihe um Annika Bengtzon kennt, der weiß, dass Liza Marklund am Ende ihrer Geschichte gerne ein paar Fragen offen lässt. „Jagd“ ist bereits der 10 Band, ich hatte bisher nur zwei schon etwas ältere Folgen gelesen. Auch diesmal geht es um einen rätselhaften Fall, den die Journalistin Annika Bengtzon parallel zur Stockholmer Polizei aufzulösen versucht. Ein Politiker wurde in seinem Haus grausam gefoltert, seine Ehefrau ist spurlos verschwunden.
Die Geschichte ist komplex aufgebaut, der Leser muss ganze 6 Handlungsstränge sortieren. Ein Hauptteil dreht sich um die Journalistin Annika Bengtzon, ihre Recherchen zu dem Fall und ihr Privatleben. Später kommen noch ihre Erkenntnisse zu einem alten Vermisstenfall hinzu, mit dem ihr Chef Anders Schyman zu tun hat, um den sich ein weiterer Handlungsteil dreht. Schyman wird wegen einer mehrere Jahre alten Reportage über das Verschwinden einer schwedischen Unternehmerin im Internet diffamiert und angegriffen. Die Polizei wird in erster Linie von Nina Hoffmann vertreten, die bereits in einem der früheren Krimis eine Rolle spielte, nach einigen Jahren der Weiterbildung als Profilerin zur Stockholmer Polizei zurück kehrt und in dem Fall um den gefolterten Politiker ermittelt. In einem weiteren Handlungsstrang bekommt der Leser Einblicke in die Gedanken des Täters. Dann gibt es noch kurze, kursiv gedruckte Absätze mit Gedanken von Nora, der verschwundenen Ehefrau des Politikers, sowie als 6. Handlungsteil die Sicht von Annikas Exmann auf die Geschehnisse. Diesen Teil fand ich eher überflüssig, weil er zur Aufklärung der Fälle und der Entwicklung der Geschehnisse wenig bis gar nicht beiträgt, sondern nur die düstere Stimmung weiter verstärkt.
Diese Stimmung ist auch der Punkt, der mich an dem Buch am meisten gestört hat. Die Stimmung aller beteiligten ist düster bis depressiv. Keiner der beteiligten Personen ist ansatzweise glücklich in seinem Leben. Jimmy, Annikas Lebensgefährte sagt in einem Abschnitt: „Kein Leben ist normal. Jedes ist eine endlose Bewältigung von Krisen. Wenn gerade nichts mit den Kindern ist, macht der Körper Zicken, oder es gibt Schwierigkeiten auf der Arbeit. Der Rest sind nur die Pausen dazwischen.“
Die negative Grundstimmung lässt die eigentliche Handlung manchmal sehr in den Hintergrund treten, dabei werden brisante Themen angeschnitten wie die internationalen Verwicklungen im Bereich der Geldwäsche und Meinungsmanipulationen in Presse und Internet.
Der Fall ist wie gesagt komplex und sprachlich wie immer überzeugend. Da es sich diesmal rein um die Aufklärung zurückliegender Ereignisse handelt, ist der Spannungsbogen sehr gering, es passiert nichts wirklich dramatisches. In meinen Augen ist das nicht unbedingt der überzeugendste Krimi Liza Marklunds. Es wirkt ein wenig so, als hätte sie hier zu viel auf einmal in einem Buch unterbringen wollen.