Viel gewollt!

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mammutkeks Avatar

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Im 10. Fall für Annika Bengtzon dreht sich vieles, aber längst nicht alles um die Folter an Ingmar Lerberg und das Verschwinden seiner Frau Nora. Der Krimi beginnt mit einer relativ ausführlichen und detaillierten Schilderung der Folter - die für mich ruhig hätte ausfallen dürfen. Dafür wäre am Ende dann vielleicht etwas mehr Platz gewesen für eine wirklich Auflösung all der Handlungsstränge, die Marklund im Laufe der Zeit aufwirft.
Neben dem "Fall Lerberg", in den auch auf Seiten der Kripo Nina Hofmann involviert ist, die im vorletzten Band der Reihe eine wichtige Rolle gespielt hat ("Kalter Süden"), wird auch ein 20 Jahre alter Vermisstenfall aufgerollt, in den Anders Schyman, der unsympathische Chefredakteur des Abendblatts verwickelt ist. Bengtzon kümmert sich mit ihrem neuen Praktikanten, Valter Wennergren, seines Zeichens Sohn des Verlegers, um beide Fälle. Gleichzeitig hat sie noch - wie immer - vielfältige private Probleme. Seit sie sich von Thomas getrennt hat, obwohl dieser seine Entführung (Band 9: "Weißer Tod") nur knapp überlebt hat und seitdem mit einer Handprothese klarkommen muss, lebt sie mit dessen Vorgesetzten Jimmy zusammen. Als Patchworkfamilie funktionieren allerdings Annika, Jimmy und die vier Kinder noch nicht. Insbesondere Serena, Jimmys 11jährige Tochter, möchte ihre Mutter zurück und ist vielfach sehr verletzend zu Annika.
Aufgegriffen wird auch die rasante Umgestaltung der Medien. War die Zeitung noch zu Beginn der Serie das Leitmedium neben dem Fernsehen, in der sich Kommentare, lange Berichte und Hintergrundinformationen wiederfanden, hat längst das Internet diese Funktion übernommen. Nicht immer zur vollsten Zufriedenheit - und nicht immer mit den gewünschten Ergebnissen. Doch für Annika bedeutet dies, dass sie inzwischen nicht nur für die gedruckte Ausgabe des Abendblatts arbeitet, sondern gleichzeitig auch für dessen Web-TV und Online-Auftritt.
Im Netz ergibt sich dann auch der nächste Handlungsstrang: Ein Blogger bezichtigt Anders Schyman der bewussten Lüge, als dieser vor rund 20 Jahren betonte, dass eine Milliardärin sich mit den unterschlagenen Steuermillionen abgesetzt hat.
Wer nun denkt, diese Themen seien doch genug, sieht sich getäuscht. Auch die Aufarbeitung, besser Frustration von Thomas, der sich mit seinem "Haken" an der Hand unwohl fühlt und dies in Hasskommentaren im WWW auslebt, spielt eine Rolle. Daneben gibt es - kursiv und kurz gehalten - Einblicke in das Leben der verschwundenen Nora. Nicht zu vergessen sind die Themen Drogenhandel, Auftragsmord, Steuerhinterziehung, Geldwäsche usw.
Insgesamt habe ich Liza Marklunds Romanfolge um die chaotische und leicht depressive Annika Bengtzon liebgewonnen. In "Jagd" ist mir jedoch einfach zu viel enthalten - und zu wenig davon wirkt wirklich zuende gedacht. Das Ende, wie schon oben erwähnt, kommt mir dann auch zusammengeschustert vor. Kein wirklicher Cliffhanger, aber viele der Themen sind noch nicht zuende erzählt, so dass der nächste Roman einfach nur erscheinen muss.