Nur eine Liebesgeschichte?

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goch9 Avatar

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Natasa Dragnic hat meiner Meinung nach eine wundeschöne und bewegende Liebesgeschichte geschrieben.

Erzählt wird die Geschichte von Dora und Luka. Sie lernen sich im Kindergarten kennen und knüpfen gleich zu Beginn eine besondere Verbindung. Sie bilden eine Einheit, die so selbstverständlich auf ihre Umgebung wirkt, dass die ganze Dorfbevölkerung ihre Beziehung wahrnimmt, belächelt und als ganz natürlich empfindet. Man sieht sie immer zusammen bis Dora mit ihrer Familie nach Paris zieht. Die Trennung entwickelt sich für beide Kinder zum Trauma, das beide verdrängen bis sie selbst den Namen des Anderen nicht mehr wissen. In den folgenden Jahren verwirklichen sie ihre Kinderträume. Dora wird Schauspielerin. Luka malt. Anlässlich einer Ausstellung von Luka in Paris begegnen sich Dora und Luka wieder. Vergessen sind 16 Jahre der Trennung und Verdrängung. Alles ist wieder wie damals. Vergessen sind zwischenzeitliche Partner und Pläne. Dora und Luka sind wieder unzertrennlich und planen ihre gemeinsame Zukunft. Als Luka zurück in ihr Heimatdorf fährt um "Sachen zuerledigen, mitzuteilen, vorzubereiten", passiert das Unglaubliche. Er meldet sich nicht mehr. Für Dora und Luka beginnt eine wechselvolle Zeit der Trauer, Leidenschaft, Verzweiflung und Hoffnung.

Und genauso empfindet und leidet auch der Leser.

Frau Dragnic beschreibt diese Liebesgeschichte auf besondere Art. Ich empfinde sie zu keiner Zeit kitschig oder schmalzig. Sie hat sehr viele Dialoge eingebaut, die zum Verständnis der Handlung, aufmerksam verfolgt werden müssen. Auch die Schauplätze und Blickwinkel wechseln ständig, so dass es ihr gelingt, die Erlebnisse der beiden Protagonisten fast gleichzeitig zu erzählen. Die Dialoge und Schauplatzwechsel wirken manchmal wie in einem Drehbuch. In dramatischen Phasen hatte ich den Eindruck, dass Frau Dragnic mal hier und mal dort einen Spot auf eine Szene gerichtet hat, die der Leser in schnellem Schlagabtausch miterleben durfte.

Warum sie das 40. Kapitel dem Buch vorangestellt hat, ist mir leider nicht ganz klar geworden. Da in ihren Dialogen selten die Person, die spricht, angegeben wurde und in diesem 40. Kapitel nicht eindeutig ersichtlich ist, wer spricht, wurde auch nichts vorzeitig verraten, außer, dass dem Leser in diesem Buch herrliche verbale Schlagabtausche erwarten und eine Liebesgeschichte, die der Leser so sicherlich selten erleben kann.