Ein ungewöhnlicher Erzähler, ein ungewöhnlicher Krimi

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nesa8486 Avatar

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Ich wusste nicht, dass „Jeder im Zug ist verdächtig“ der zweite Teil einer Reihe ist. Ich habe es nur durch Ernest Cunningham, dem Erzähler des Buches, selbst erfahren. Und das so verdammt gut, dass ich mir nach 50 Seiten Band 1 auch noch bestellt hab. Respekt, Benjamin Stevenson.
Ich interessierte mich für das Buch, weil es eine alte, bekannte Prämisse ist (Mord im Orientexpress respektive im Allgemeinen „Ort, an dem keiner raus und keiner rein kann und somit der Mörder definitiv mit im Resort/Hotel/Berghütte/Zug ist), die aber einen schönen originellen Twist versprach: Alle Anwesenden sind Krimiautoren und haben dementsprechend Know-How. Hui! Ich liebe es, wenn alte, meinetwegen auch ein bisschen ausgelutschte Ideen mit neuen, frischen gemischt werden. Dass ich dann aber sogar so ein außergewöhnliches Buch lesen würde, damit hätte ich nicht gerechnet.
Erstmal sei gesagt, dass sich Band 2 auch super ohne Vorkenntnisse lesen lässt. Ich bin sogar fast geneigt zu sagen, dass ich diese Reihenfolge sogar empfehle, denn Ernest Cunningham bzw. Benjamin Stevenson leisten mMn hervorragende Arbeit darin, Lust auf Band 1 zu machen, was man sich natürlich entgehen lassen würde, wenn man Band 1 bereits kennen würde. Es wird auch nicht großartig gespoilert (außer eine einzige Person, bzw. 2, die man durch den Verlauf des Buches bereits ausschließen könnte).
Bei Benjamin Stevenson erwartet uns ein außergewöhnlicher Schreibstil. Ich LIEBE außergewöhnliche Schreibstile, aber ich könnte mir vorstellen, dass dieser hier nicht jedem zusagt. Ernest beschreibt sich selbst als „zuverlässiger Erzähler“, nimmt hier und da mal ein paar Dinge vorweg, gibt uns da einen Hinweis zum Miträtseln, hilft uns hier ein wenig und ist sehr darauf bedacht, sein Buch mithilfe von Regeln aufzustellen.
Der Fall selbst ist interessant, er lädt zum Miträtseln ein, legt hie und da mal eine kleine falsche Spur. Ich selbst war zugegeben vor allem von der Erzählweise gepackt als von dem Fall selbst, da fand ich die Auflösung gelungen, aber auch kein absoluter Mindf***, wie man so schön sagt.
Trotzdem empfehle ich das Buch herzlich weiter, von mir bekommt es volle 5 Sterne und ich hoffe, dass ich den ein oder anderen neugierig gemacht habe. Sich mal etwas zu trauen und ganz anders zu schreiben als die 08/15-Krimis sollte meiner Meinung nach belohnt werden!