die Wahrheit tut weh

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elohym78 Avatar

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Seit sieben Jahren ist Jim verschwunden. Seit sieben Jahren steht Mary jeden Tag am Bahnhof Ealing Broadway und hält ein Schild mit der Aufschrift:

Komm nach Hause Jim

hoch. Sieben qualvolle Jahre voller Bangen, Hoffnung und Sehnsucht. Bis durch Zufall die Lokalreporterin Alice in ihr Leben tritt. Alice ist jung, voller Träume und Hoffnungen und beschließt, Jim für Mary zu finden.

Schon der Klapptext bescherte mir einen dicken Kloß im Hals. Und die zärtlichen Worte von Abbie Greaves taten ihr übriges. Es fiel mir unglaublich leicht, mich in die Geschichte einzufinden und mich ihr hinzugeben. Jedes Wort saugte ich wie ein Schwamm auf und hatte dadurch das Gefühl, Mary nicht nur nah zu sein, sondern ihr meine Hilfe anzubieten. Zu gerne hätte ich ihre Hand genommen und ihr Kraft, Mut und Zuversicht geschenkt; musste dies jedoch Alice überlassen. Anfangs blickte ich eher misstrauisch auf die sich anbahnende Freundschaft zwischen den beiden Frauen, da Alice nicht ehrlich ist. Oder besser gesagt die Wahrheit verschweigt. Doch Dank des liebevollen Schreibstils von Abbie Greaves, konnte ich meine Bedenken zur Seite schieben und das Gewesene und das Ist einfach auf mich zukommen lassen.
Mary erzählt ihr Geschichte aus zwei Perspektiven. Aus dem quälenden Jetzt und dem glücklichen Damals. Doch so glücklich scheint die Vergangenheit nicht gewesen zu sein, wenn der Blick hinter die Kulissen gelingt. Mary gelingt dieser Blick nicht; sie kann und will Jim nicht los lassen.
Alice scheint mit ihrer Vergangenheit Marys Schwester im Geiste zu sein, denn auch sie hat jemanden verloren. Anders, aber ein Verlust ist immer schmerzhaft und die Selbstzweifel können einen schier auffressen.
Schön fand ich, dass Abbie Greaves den Finger zwar geschickt in die Wund legt und aufzeigt, was Verlust mit einem Menschen, einer verletzten Seele macht, aber irgendwie wirkt es auf mich wertfrei. Während der eine die Kurve schnell bekommt, nimmt der andere lieber die längere und schmerzhafterer Schotterpiste. Beide Wege sind richtig und gut, kommt man am Ende ans Ziel.
Und doch fehlte mir zum Schluss hin mein Wohlfühlmoment. Ich kann den genauen Moment nicht benennen, wann mich die Autorin verlor, aber sie hat es getan. Tiefe Gefühle und Sehnsüchte, ein romantischer und schöner Schreibstil und plötzlich gab es einen Knick. Ich verlor das Interesse. Vielleicht, weil der Fokus sich von Mary und Alice zu sehr auf andere Dinge verschob. Was für mich grandios begann, flachte sich leider ab.

Mein Fazit
Ein Satz in dem Buch ist mir ganz besonders in Erinnerung geblieben, da er mich tief berührt hat: Wie kann sie ihnen klarmachen, dass ihr nicht etwa ein Zuhause fehlt, sondern der Mensch, der ihr Zuhause sein sollte? Eine Buch voller Gefühle!