Fehlender Tiefgang

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
marimirl Avatar

Von

Seit sieben Jahren steht Mary jeden Tag mit einem Schild mit der Aufschrift "Komm nach Hause, Jim" am Bahnhof. Jim, ihr Partner, ist verschwunden und Mary kann die Hoffnung nicht aufgeben, ihn wiederzusehen.


Abwechselnd wird aus Mary's Leben heute und vor dem Verschwinden von Jim erzählt. Heute arbeitet sie ehrenamtlich bei einer Seelsorger-Hotline, um anderen Menschen zu helfen und sich von den eigenen Sorgen abzulenken. Damals hat sie Jim kennen und lieben gelernt. Ich hätte damit gerechnet früher zu erfahren, wann und unter welchen Umständen Jim verschwunden ist. Es hat sehr lange gedauert bis dieser Tag angesprochen wurde. Generell fand ich die Geschichte interessant, aber sie hat sich auch etwas gezogen. Ich wollte natürlich wissen, was mit Jim passiert ist, aber nachdem das so lange nicht thematisiert wurde, hat auch die Spannung etwas nachgelassen.

Anfangs ist es eine Liebesgeschichte, von der man weiß, dass sie zumindest zwischenzeitlich kein Happy End haben wird, denn Jim ist weg. Als es dann endlich mit der tatsächlichen Suche nach Jim losging, hätte es spannend werden können. Aber irgendwie war für mich schon klar, wohin die Reise gehen wird. Ich war also nicht mehr so richtig gespannt.


Das Buch liest sich sehr gut und ist meines Erachtens nach sehr ruhig geschrieben. Vielleicht trägt auch das dazu bei, dass kein richtiger Nervenkitzel aufkam. Die Charaktere hätte man für meinen Geschmack noch eine Spur besser kennen lernen dürfen. Mary steht natürlich im Mittelpunkt und man bekommt einen Eindruck davon, wie es ihr geht, aber da ist eine gewisse Distanz, die nicht zulässt richtig in ihre Rolle schlüpfen zu lassen. Es gibt Anzeichen dafür, dass alles emotional schwierig für sie ist. Aber diese Emotionen habe ich beim Lesen nicht gespürt. Dasselbe gilt für Alice, die auch eine wichtige Rolle spielt. Konflikte werden so schnell aus der Welt geräumt und niemand ist irgendjemandem lange böse - das geht für mich etwas an der Realität vorbei.


Für mich handelt es sich um ein mittelmäßiges Buch, weil ich glaube, dass man sehr viel mehr aus der Idee machen hätte können. Eine solche Geschichte sollte mehr Emotionen beim Leser auslösen.