Alles für die Familie

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
bobbi Avatar

Von

Zelda MacLeish ist nicht nur in ihrer leidenschaftlichen Hingabe für Wikingersagen und –helden außergewöhnlich – sie nimmt die Welt auch sonst anders wahr. Die 21-jährige leidet an der Fetale Alkoholspektrumsstörung (FASD), da ihre Mutter in der Schwangerschaft getrunken hat. Ihre „Sippe“ im Leben ist ihr Bruder Gert – er kümmert sich liebevoll um Zelda, hat aber seine eigenen Probleme und manchmal kümmert sich dann Zelda auch um ihn. Für Zelda ist der Alltag eine tägliche Schlacht und sie hat zudem die gleichen Coming-of-Age-Probleme wie andere auch: Erste Liebe und Sex, erste Schritte in ein mögliches Berufsleben und leider auch schmerzvolle Konfrontationen mit Gewalt und Übergriffen.

Zelda will unabhängig und autonom leben, ihr eigenes Glück als Wikingerheldin suchen und finden – und diesen Weg schlägt sie auch ein; angespornt und strukturiert durch ihre Wikinger. Sie studiert Überlieferungen, Wörter in Altnordisch und alle auffindbaren Fakten. Und sie packt die Chancen beim Schopf, ist mutig wie ein Wikinger – als ihr Bruder in Schwierigkeiten gerät, wird sie im helfen.

Andrew MacDonald hat eine beispiellose, außergewöhnliche und sehr plastische Protagonistin erschaffen mit einer besonderen Perspektive, die einen zarten und fiktiven Einblick in Menschen mit kognitiven Handicaps aufzeigt. Zelda stellt zwar kindlich-naive Fragen über die Welt und die Menschen, die aber auf den zweiten Blick gar nicht einfältig sind, sondern zum Nachdenken anregen. Mit vielen Metaphern, frechen Dialogen und Witzen sowie Monologen und liebenswerten sowie zwielichtigen Nebencharakteren erschafft MacDonald eine mitreißende und fesselnde Atmosphäre.

Das Ende dieses berührenden Debütromans gewinnt nochmal richtig an Spannung und Humor, gespickt mit fiktiven und schonungslos reellen Elementen. Es endet nicht im Kitsch, ein wirkliches Happy End lässt auf sich warten. So wie im echten Leben, aber Zelda bleibt mit ihrer mutigen, einzigartigen Art lange im Kopf. Ein bemerkenswerter Coming-of-Age-Roman.

„Aber Leise- und Heimlichtuerei waren keine Wikinger-Eigenschaften. Als Wikinger muss man mutig sein und dem Feind ins Auge sehen.“ S. 222