Behindert, anders, zurück geblieben und doch gleicher als gleich

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steineinhorn Avatar

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Der Debütroman ,,Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz" von Andrew MacDonald erscheint am 23.04.2021 im dtv.

Das Cover könnte, so bunt gestalltet wie es ist, auch gut in die 60er Jahre passen

Zelda ist eine 21 jährige junge Frau die mit einer fetalen Alkoholspektrumsstörung zur Welt kam. Sie lebt mit ihrem Bruder zusammen und gemeinsam erleben sie den nicht alltäglichen, täglichen ,,Wahnsinn". Zelda ist ein großer Wikingerfan. Sie taucht in die Welt der Krieger und Wallhalla ab um sich die Welt so verständlicher zu machen.
Was ist man bereit für seine Familie oder Sippe zu tun??

Es fällt mir wirklich schwer meine Empfindungen und Eidrücke bei diesem Buch in Worte zu fassen. Ich habe wirklich lange gebraucht mich auf dieses Buch einzulassen und letztlich auch zu verstehen worum es wirklich geht. Deswegen versuche ich es einfach mal aller Gert
(...) deshalb kann das hier nur funktionieren, wenn ich schreibe wie ich rede."
(S. 361 Z.18-20)

Zelda sieht die Welt anders. Alles einfacher. Sie zerdenkt nichts und redet nicht um den ,,Heißen Brei" . Sie bringt die Dinge auf den Punkt, welches mich sehr bei dem Sex Thema amüsiert hat. Vorallem die Reaktion von Gert. Das hat mich wirklich zum lachen. Durch den einfach gehaltenen Schreibstil des Autors und die Authentizität mit der er schreibt hat man die Szene wirklich vor Augen, ja man sitzt sogar fast mit am Tisch. Die recht präzise beschrieben Situation des ersten Males ,ist die ehrlichste die je gelesen habe und erinnert den einen oder anderen vielleicht wie es bei ihm selbst abgelaufen ist und man erkennt das sich Marxys und Zeldas Welt vielleicht doch nicht so wahnsinnig von der ,,normalen" unterscheidet.
Anders als Marxy, der viel unselbstständiger wirkt als Zelda , liegt es an der Mutter???, schaffte Zelda es sich Schritt für Schritt ein Leben aufzubauen. Auch sie hat großartige Hilfe aber eben doch anders als manch einer ihrer Freunde.
Zelda ist auf ihre Art stark, in der einfachheit ihrer Sicht und der Geschichte der Wikinger liegen ihre stärken die sie ihr leben meistern lassen. Sie ist bereit für ihre Sippe alles zu geben. Sie stellt sich jedem Kampf, ist aber auch bereit Fehler einzugestehen und was noch viel wichtiger ist sich ohne großes Federlesen ,dafür zu entschuldigen. Sie kann aber auch verzeihen, und das sogar soweit , das es am Ende manchmal nicht ganz klar ist wer sich letztlich um wen mehr kümmern muss.

Gerd und Anni ( ich mag den Ausdruck AK47 nicht) sind für mich sehr Klischee behaftet, aber jeder auf seine Weise bewundernswert.
Anni ist toll. Ich mag ihre taffe Art, aber man merkt schnell das da noch viel mehr hinter steckt, auch wenn man nicht allzuviel über sie erfährt. Ich find es fantastisch wie sie sich um Zelda kümmert und ihr die Welt erklärt, so völlig unaufgeregt und auf den Punkt ohne viel Schnick Schnack. Genau das richtige für Zelda und da ist der unterschied zwischen Sippe und Familie Anni ist ,,nur" die (Ex)-Freundin von Gert gehört aber fest zur Sippe.
Sie gehen füreinander ,,durch die Hölle und zurück" (S.352 Z. 18-19) sie haben verstanden um was es im Leben geht. Jeder muss seine eigene Legende schreiben, deswegen redet Zelda Anni ihre Idee zum Schluß auch nicht aus. Ganz anders als Gert es getan hätte.
Gert ist das beste Beispiel für, ,,Das falsche aus den richtige Gründen zu machen". Er wollte Zelda beschützen und hat sich an den schlechtesten Menschen der ganzen Stadt gewand. Er versinkt fast im Strudel der Kriminalität. Muss immer wieder ,,gerettet" werden und muss leider erst richtig auf die Schnauze fliegen bis er mal begreift was Phase ist und worauf es ankommt.
Da haben Anni und Zelda ihm wirklich viel vorraus. Frauenpower sag ich nur.

Ich muss zugeben das Gert mein Charakter des Buches ist, weil ich ihn ein Stück weit dasfür bewundere was er alles anstellt um Zelda zu beschützen. Ja er verrent sich völlig und hat das Recht und Unrecht Bewustsein verloren , aber er hatte die Wahl, aus seiner Sicht, zwischen Pest und Choler. Ja er hat sich an den Teufel verkauft als er Toucan um Geld zum Ausziehen bitten musste, aber das war wahrscheinlich die schnellere Variante als erst mit irgendwelchen Behörden zu verhandeln. Ich hatte ehrlich gesagt zu keinem Zeitpunkt das Gefühl das er einen Groll gegen Zelda hegt , weil er früh schon die Verantwortung für sie übernehmen musste.
Ganz im Gegenteil. Er hätte sie auch sich selbst überlassen können bzw wirklich dem Jugendamt oder ähnlichem, aber das macht er nicht. Er ist mal der gute Gert,der mit einem Stipendium aufs College geht und dann wieder der böse Gert der sich mit Toucan ,,einlassen musst" und dann dealt oder Geld hin und her bringt what ever.
Er benimmt sich oft wie eine Arschgeige, immer dann wenn ihm alles über den Kopf zu wachsen droht oder ihm um die Ohren zu fliegen. Aber dann hat er ja Anni und Zelda die hinter ihm sauber machen. Er weiß das die beiden das beste sind was ihm im Leben passiert ist, aber er kann nicht aus seiner Haut. Vielleicht weil er zu schnell Erwachsen werden musste?? Oder weil es nur negativ Beispiele für ihn gegeben hat??
Einen Vater der die Familie sitzen gelassen hat. Eine versoffene Mutter , in den letzten Jahren zwar trocken, aber dann an Brustkrebs verstorben als Zelda sechs Jahre alt war.
Der Onkel Lumpenkerl der sich an Zelda vergehen wollte und ihn verprügelt hat wenn er seine Schwester vor ihm beschützen wollte.
Anders hingegen bei Zelda sie hat das Stadtteilzentrum mit Big Todd, AK47, Dr Laird und auch noch Gert zu denen sie immer hin gehen kann wenn sie Probleme hat und die ihr uneingeschränkt helfen.
Gert jedoch scheint niemanden zu haben der ihn mal an die Hand genommen hat , er musste immer alles selber machen und auch mit sich selber aus machen. Deswegen möchte ich hier eine Lanze für ihn brechen. Ich kann ihn nur bewundern, und vor den ehrlichen Worten in seinem Aufsatz an das Rivergreen-College-Stipendiumkomitee war ich tief beeindruckt. By the way der war vor dem Schluß geschrieben.

Auf die anderen Charaktere muss man glaube ich nicht weiter eingehen. Es sind die üblichen kleinkriminellen , die man hinreichend aus dem Amerikanischen Tv oder sogar aus seiner eigenen Stadt kennt.
Das soll nicht abwertend klingen, aber es ist leider so echt, das ich das Gefühl habe da nicht weiter drauf eingehen zu müssen. Vielleicht noch das diese ,stellenweise heikle Themen,, mit einer sachlichkeit beschrieben werden die fast schon an resignation erinnert.(Ab S 331-341)

Wie im Interview erwähnt hat man direkt schon einen Film vor Augen , weil man es meiner Meinung nach genau so nachspielen könnte. Es ist alles drin Romantok im weitesten Sinn, Drama pur ,Sex und genügend Starke persönlichkeiten.
Ich bin immer noch hin und hergerissen ob ich das Buch nun mag oder nicht. Aber was ich sagen kann ist das es wirklich mal eine faszinierend andere Sicht auf die Welt ist und es regt mich persönlich zum nachdenken an.
Und sei es nur die Dinge auf den Punkt zu bringen ohne um den heißen Brei zu reden.
Das Buch ist für mich zu speziell um eine uneingeschränkte Kaufempfehlung auszusprechen, will man aber über starke Kriegerinnen und Wikinger lesen dann ist es das richtige...