Die Überraschung des Jahres!

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wauwuschel Avatar

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Harper ist Schmiedin und ihr Talent führt sie zur Elite Londons. Dort erwartet sie auch der geheimnisvolle Archer und schon bald knistert es zwischen ihnen. Zusammen sind sie auf der Suche nach Geheimnissen in der Vergangenheit.

Anne Lück hat mit „Jewel & Blade“ einen Fantasy-Roman geschaffen, der mich auf ganzer Linie überrascht und begeistert hat. Als Leserin, die mit der Flut von Fantasy-Literatur durchaus vertraut ist, war ich nicht darauf vorbereitet, welch erfrischende und tiefgründige Erzählung mich erwartete. Es ist nicht übertrieben, zu sagen, dass dieser Roman zu den ganz großen Überraschungen des Jahres gehört.

Bereits das Cover zieht einen unweigerlich in die Geschichte hinein. Die Gestaltung ist ein echter Hingucker – ästhetisch, detailverliebt und von einer Schönheit, die genau das magische Versprechen des Inhalts widerspiegelt. Wer dieses Buch in die Hand nimmt, wird von der optischen Eleganz eingefangen, und es wird schnell klar, dass der Inhalt dem äußeren Eindruck in nichts nachsteht. Oftmals trifft man auf Bücher, deren äußere Hülle mehr verspricht, als sie letztlich halten können. Doch bei diesem Juwel harmonieren Form und Inhalt auf faszinierende Weise.

Die Handlung folgt den beiden Hauptfiguren Harper und Archer, deren Schicksale auf eine Weise miteinander verflochten sind, die weder sie noch der Leser zunächst erahnen können. Was dieses Buch von anderen Fantasy-Romanen abhebt, ist die Art und Weise, wie Anne Lück Charaktere formt, die nicht nur als typische Helden oder Antagonisten agieren, sondern vielmehr durch ihre Tiefe und Vielschichtigkeit bestechen. Beide Protagonisten sind in ihren inneren Konflikten verhaftet, und es ist beeindruckend, wie Lück es schafft, ihre Entwicklung nachvollziehbar und emotional intensiv zu gestalten. Selbst die Liebesstory hat dem Leseflow nicht geschadet.

Harper, als Heldin der Geschichte, ist keine klassische, makellose Figur, die souverän alle Herausforderungen meistert. Vielmehr kämpft sie mit inneren Dämonen, Zweifeln und Unsicherheiten. Sie ist stark, doch auch verletzlich. Diese Balance zwischen Schwäche und Stärke macht sie zu einer der interessantesten weiblichen Protagonistinnen, die mir in der letzten Zeit begegnet ist. Archer hingegen ist ein vielschichtiger Charakter, der sich ebenfalls den Erwartungen entzieht. Statt eines eindimensionalen Badboys präsentiert uns die Autorin einen Mann, der sich in einer Grauzone bewegt, getrieben von eigenen Motiven und moralischen Zwängen. Dieses komplexe Beziehungsgeflecht zwischen den beiden ist das Herzstück des Romans.

Was mich besonders begeistert hat, ist die unvorhersehbare Entwicklung der Handlung. Gerade, wenn man glaubt, den Verlauf der Geschichte zu erahnen, gelingt es Anne Lück, den Leser mit unerwarteten Wendungen zu überraschen. Die Autorin spielt gekonnt mit klassischen Fantasy-Elementen und verleiht ihnen einen frischen, modernen Twist. Dabei sind es nicht nur die großen, dramatischen Wendungen, die faszinieren, sondern auch die leisen Momente, die den Figuren Raum zur Entfaltung geben. Jeder Dialog, jede Entscheidung wirkt gut durchdacht und glaubwürdig. Alte Mythen wurden neu interpretiert und es wurde nie langweilig.

Die Welt, die Lück entwirft, ist beeindruckend. Sie schafft es, eine Atmosphäre zu erzeugen, die sowohl düster als auch von einer seltsamen, melancholischen Schönheit durchzogen ist. Es gibt Orte von atemberaubender Magie, aber auch finstere Ecken, die die Schattenseiten dieser Welt widerspiegeln. Die detaillierten Beschreibungen und die sorgfältig konstruierte Welt tragen dazu bei, dass man sich als Leser völlig in die Geschichte hineinziehen lässt..

Trotz all des Lobes will ich nicht verschweigen, dass es auch kritische Stimmen geben könnte, die bemängeln, dass einige Fragen offen bleiben oder die Handlung an bestimmten Stellen zu abrupt verläuft. Doch für mich persönlich tragen diese kleinen Unschärfen zur Faszination des Buches bei. Es ist nicht alles bis ins Letzte erklärt, und gerade das macht den Reiz aus – die Welt bleibt auch nach dem Lesen ein wenig geheimnisvoll und offen für Interpretationen. Schließlich erwarte ich sehnlichst wie alle anderen auf den zweiten Teil der Reihe, der nicht hoffentlich genauso zufrieden stellen wird, wie der Auftakt der Dilogie.

Insgesamt ist der Roman nicht nur ein weiteres Fantasy-Buch, sondern eine der großen Überraschungen des Jahres. Es bietet eine erfrischend komplexe Handlung, tiefgründige Charaktere und eine fantasievolle Welt, in die man immer wieder eintauchen möchte.