Johannisbeersommer

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Johannisbeersommer

Andrea Israel und Nancy Garfinkel erzählen die Geschichte zweier Freundinnen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Val, bodenständig, in ihrer Jugend eher schüchtern, liebt Mathe und geht vorzeitig aufs College. Ihre Mutter ist in tiefen Depressionen und Angstzustände gefangen. Vals Vater kümmert sich liebevoll um seine Frau und tüftelt nebenher an diversen Erfindungen. Ein befreundetes Ehepaar, sie Broadwaystar, er ein angesehener Psychiater haben eine Tochter, Lilly. Lilly hat das Temperament von ihrer Mutter geerbt und interessiert sich eher für Musik und Theater als für die Schule. Sehr zum Ärger ihres Vaters. Trotzdem sind Val und Lilly seit Kindertagen beste Freundinnen, schreiben sich regelmäßig Briefe und tauschen Rezepte aus. Sie durchleben in ihrer Jugend Höhen und Tiefen bis es kommt, wie es scheinbar kommen musste: ihre Freundschaft zerbricht. Der Grund ist nicht der, an den man vielleicht sofort denkt;  aber doch so schwerwiegend für die beiden, dass sie sich über 25 Jahre lang aus den Augen verlieren.

Das Buch beginnt mit der zaghaften Kontaktaufnahme Vals zu Lilly als ihre Mutter stirbt. Anfangs scheint die Freundschaft wieder aufzuleben, schnell ändert sich aber der Ton der wechselseitigen E-Mails. Der Leser erfährt etwas über das derzeitige Leben der beiden. Kleine Einblicke in ihre Kindheit gewähren „ausgegrabene“ Briefe aus Kindertagen, denen Rezepte beigefügt waren. Schließlich haben sie schon früh einen Rezeptclub gegründet, deren einzige Mitglieder sie sind. Diese Briefe läuten den zweiten Teil des Buches ein: ihre gemeinsame Zeit zwischen 1964 und 1973. Der Leser begleitet sie durch ihrer Teenagerzeit bis hin zum College. Rezepte dürfen da natürlich nicht fehlen.

Aber alle guten Dinge sind ja drei: Im dritten Teil schwenken die Autorinnen in das Jahr 2002. Also zwei Jahre nach der ersten Kontaktaufnahme Vals. Wieder ist ein Todesfall der Auslöser. Lillys Vater ist verstorben. Wird es dieses Mal zu einer Aussöhnung der ehemals besten Freundinnen kommen? Lassen sich ihre seit so langer Zeit schwelenden Probleme lösen?

Das Buch ist allein vom Cover her und den farblich abgestimmten einrahmenden Seiten ansprechend, auch wenn der Titel nicht wirklich verrät, um was es inhaltlich geht. Man vermutet eher eine Sommergeschichte. Warum der Verlag den Titel „Johannisbeersommer“ gewählt hat und nicht näher an den Originaltitel „The Recipe Club“ gerückt ist, wird dessen Geheimnis bleiben. Das Buch hat weder etwas mit Johannisbeeren, noch groß mit Sommer zu tun. Aber alles in allem ist es für den Leser eine leichte Sommerlektüre, so dass es fast wieder passt. Der Schreibstil der E-Mails der erwachsenen Protagonistinnen sowie der Briefe der Heranwachsenden ist authentisch. Die Rezepte sind vielseitig und animieren bestimmt den einen oder anderen zum Nachkochen. Einen Bruch gibt es lediglich im dritten Teil, da dort die Prosa einsetzt und der Briefwechsel in den Hintergrund rückt. Dies ist nicht nur überraschend, sondern auch ein wenig störend, da sich der Leserhythmus automatisch ändert und es damit holprig wird. Die Leseprobe setzt die Erwartungen an das Buch eigentlich etwas zu hoch an, aber nichts desto trotz ist es eine gelungene und lesenswerte leichte Lektüre für den Urlaub oder auch verregnete Sommertage.