Baruch Haschem - Guten Morgen Israel
Die kapp 40jährige mehrfach ausgezeichnete deutsche Schriftstellerin Olga Grjasnowa veröffentlicht zum Ende des Sommers 2024 (im September !) nun schon ihren fünften Roman mit dem Titel >>Juli, August, September<<, der wie die ersten beiden Bücher wieder bei Hanser erscheint.
Es verwundert nicht, dass die in Aserbaidschan geborene Autorin eigene Familienschicksale aufgreift und verarbeitet, wurde sie doch selbst in eine russisch-jüdische Familie geboren, studierte unter anderem auch in Israel und ist mit einem Künstler verheiratet, der freilich kein Pianist ist.
Aber natürlich ist dies keine Autobiografie, denn meisterlich verwebt Grjasnowa ihre intimen Kenntnisse jüdischen Familienlebens in eine fiktive Geschichte, die so leichtfüssig daherkommt, wie nur selten in der Gegenwartsliteratur.
Doch Vorsicht : Leichtigkeit bedeutet nicht Oberflächlichkeit, zu tief sind die Familien in ihrer unheilvollen Vergangenheit behaftet und schwere Kränkungen schwelen nur dürftig unter der Oberfläche und können jederzeit flammend hervorbrechen.
Lou, die Hauptprotagonisten ist in zweiter Ehe mit Sergej verheiratet, einem international erfolgreichen Pianisten, dessen Ruhm und Selbstsicherheit jedoch zu bröckeln scheinen.
Sie beschäftigen - mit hinreichend schlechtem Gewissen - eine Putzfrau, die auch aus dem >>heruntergekommenen russischen Reich<< stammt, versuchen ihrer fünfjährigen Tochter Rosa musikalische Früherziehung beibringen zu lassen und halten - wenn auch überwiegend nur noch mittels Sex - die Ehe zumindest nach aussen intakt.
Den seelischen Traumen der Vergangenheit, die unweigerlich auf allen jüdischen Familien lasten, versuchen sie zu entgehen, indem sie einem Alltag ohne jüdischen Ritualen nachgehen, Kerzen an Chanukka entzünden, aber Besuche der Synagoge an den Feiertagen für entbehrlich halten.
Die Aussicht auf eine Feier zum 90. Geburtstag von Lou's Tante Maya auf Gran Canaria verheisst daher kein unbeschwertes Vergnügen.
Gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer aufgeweckten Tochter Rosa, jedoch ohne ihren Mann, machen sich die drei dennoch auf den Weg, um mit Mutters dominanter Schwester Elena und deren gesamter Familie den Geburtstag von Maya zu begehen, es könnte ja mit ihr die letzte Zusammenkunft sein.
Und natürlich brechen gnadenlos alsbald alte Verwundungen auf, erweist sich der erhoffte Zusammenhalt als trügerische Idylle, zeigen sich die unterschiedlichen Familien in ihrem brüchigen Glanz, obschon unter der Oberfläche nicht mal mehr wie einst die Karriere im Vordergrund steht, sondern bereits eine Nicht-Scheidung als grosser Erfolg gilt.
Die gemeinsamen Schreckenserlebnisse der Familie, insbesondere von Maya und ihrer verstorbenen Schwester, die auch den Namen Rosa trug, werden zu Anekdoten verwoben, die rückblickend die eigene Persönlichkeit durch tiefgreifende Einschnitte in die Realität ungerechtfertigt und unverhältnismässig glorifiziert.
Gesichert bleibt nur die traurige Gewissheit, dass die gesamte Verwandtschaft von Rosa und Maya, alle ihre Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen im Holocaust umgebracht wurden, als die beiden noch selbst Kinder waren und zu den elf Prozent jener jüdischen Kinder gehörten, die in Europa überlebt hatten.
Wie immer in dieser Familie wird über vieles gesprochen, jedoch nicht über Liebe, Geld, Krankheiten und Angst; Gefühle sind tief im Inneren einzementiert.
Brüllen gehört ebenso zu einer normalen Familienkonstellation wie die gegenseitigen Vorwürfe zum Lebensstil, zur Ehe und zur Identität :
>>Wann bist du bloß so deutsch geworden?<<.
Warum Lou's Mutter vorzeitig die Kanarische Insel verlässt und Lou kurzentschlossen versucht, sich in Tel Aviv ihrer eigenen immerwährenden Unsicherheit zu stellen, wie und wodurch ihr Vertrauen in die eigene Ehe immer heftiger bröckelt, ob sie in Yad Vashem oder auf dem Friedhof in Haifa Antworten auf das Schweigen der noch Lebenden findet - auf all diese Ereignisse kann der Leser im dritten Teil des Buches gespannt sein, welches nach den ersten beiden Kapiteln >>Juli, August<< überraschenderweise nicht mit September übertitelt ist.
Ein unterhaltsamer Roman, welcher konzeptionell ein wenig an die kürzlich gesendete überaus erfolgreiche Fernsehserie >>Die Zweiflers << erinnert, hier jedoch literarisch aufbereitet, komisch, liebenswert, anstrengend, nachdenklich und lesenswert.
Es verwundert nicht, dass die in Aserbaidschan geborene Autorin eigene Familienschicksale aufgreift und verarbeitet, wurde sie doch selbst in eine russisch-jüdische Familie geboren, studierte unter anderem auch in Israel und ist mit einem Künstler verheiratet, der freilich kein Pianist ist.
Aber natürlich ist dies keine Autobiografie, denn meisterlich verwebt Grjasnowa ihre intimen Kenntnisse jüdischen Familienlebens in eine fiktive Geschichte, die so leichtfüssig daherkommt, wie nur selten in der Gegenwartsliteratur.
Doch Vorsicht : Leichtigkeit bedeutet nicht Oberflächlichkeit, zu tief sind die Familien in ihrer unheilvollen Vergangenheit behaftet und schwere Kränkungen schwelen nur dürftig unter der Oberfläche und können jederzeit flammend hervorbrechen.
Lou, die Hauptprotagonisten ist in zweiter Ehe mit Sergej verheiratet, einem international erfolgreichen Pianisten, dessen Ruhm und Selbstsicherheit jedoch zu bröckeln scheinen.
Sie beschäftigen - mit hinreichend schlechtem Gewissen - eine Putzfrau, die auch aus dem >>heruntergekommenen russischen Reich<< stammt, versuchen ihrer fünfjährigen Tochter Rosa musikalische Früherziehung beibringen zu lassen und halten - wenn auch überwiegend nur noch mittels Sex - die Ehe zumindest nach aussen intakt.
Den seelischen Traumen der Vergangenheit, die unweigerlich auf allen jüdischen Familien lasten, versuchen sie zu entgehen, indem sie einem Alltag ohne jüdischen Ritualen nachgehen, Kerzen an Chanukka entzünden, aber Besuche der Synagoge an den Feiertagen für entbehrlich halten.
Die Aussicht auf eine Feier zum 90. Geburtstag von Lou's Tante Maya auf Gran Canaria verheisst daher kein unbeschwertes Vergnügen.
Gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer aufgeweckten Tochter Rosa, jedoch ohne ihren Mann, machen sich die drei dennoch auf den Weg, um mit Mutters dominanter Schwester Elena und deren gesamter Familie den Geburtstag von Maya zu begehen, es könnte ja mit ihr die letzte Zusammenkunft sein.
Und natürlich brechen gnadenlos alsbald alte Verwundungen auf, erweist sich der erhoffte Zusammenhalt als trügerische Idylle, zeigen sich die unterschiedlichen Familien in ihrem brüchigen Glanz, obschon unter der Oberfläche nicht mal mehr wie einst die Karriere im Vordergrund steht, sondern bereits eine Nicht-Scheidung als grosser Erfolg gilt.
Die gemeinsamen Schreckenserlebnisse der Familie, insbesondere von Maya und ihrer verstorbenen Schwester, die auch den Namen Rosa trug, werden zu Anekdoten verwoben, die rückblickend die eigene Persönlichkeit durch tiefgreifende Einschnitte in die Realität ungerechtfertigt und unverhältnismässig glorifiziert.
Gesichert bleibt nur die traurige Gewissheit, dass die gesamte Verwandtschaft von Rosa und Maya, alle ihre Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen im Holocaust umgebracht wurden, als die beiden noch selbst Kinder waren und zu den elf Prozent jener jüdischen Kinder gehörten, die in Europa überlebt hatten.
Wie immer in dieser Familie wird über vieles gesprochen, jedoch nicht über Liebe, Geld, Krankheiten und Angst; Gefühle sind tief im Inneren einzementiert.
Brüllen gehört ebenso zu einer normalen Familienkonstellation wie die gegenseitigen Vorwürfe zum Lebensstil, zur Ehe und zur Identität :
>>Wann bist du bloß so deutsch geworden?<<.
Warum Lou's Mutter vorzeitig die Kanarische Insel verlässt und Lou kurzentschlossen versucht, sich in Tel Aviv ihrer eigenen immerwährenden Unsicherheit zu stellen, wie und wodurch ihr Vertrauen in die eigene Ehe immer heftiger bröckelt, ob sie in Yad Vashem oder auf dem Friedhof in Haifa Antworten auf das Schweigen der noch Lebenden findet - auf all diese Ereignisse kann der Leser im dritten Teil des Buches gespannt sein, welches nach den ersten beiden Kapiteln >>Juli, August<< überraschenderweise nicht mit September übertitelt ist.
Ein unterhaltsamer Roman, welcher konzeptionell ein wenig an die kürzlich gesendete überaus erfolgreiche Fernsehserie >>Die Zweiflers << erinnert, hier jedoch literarisch aufbereitet, komisch, liebenswert, anstrengend, nachdenklich und lesenswert.