Deutsche Jüdin auf Identitätssuche

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lisbethsalander Avatar

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Im Mittelpunkt des Romans "Juli, August, September" von Olga Grjasnowa steht Lou, eine Frau Ende 30 mit ihrem Ehemann Sergej und ihrer kleinen Tochter Rosa. Die drei leben im Berlin der Gegenwart und sind jüdischer Herkunft, Sergej ist Pianist, gibt zahlreiche Konzerte und reist dabei viel umher. Lou, selbst studierte Kunsthistorikerin, kümmert sich daheim um die kleine Tochter Rosa, scheint dabei aber weder ausgelastet noch sonderlich glücklich und zufrieden. Um eine Aufgabe zu haben, die sie erfüllt, schreibt sie nebenher an einem Buch, doch auch dafür brennt sie nicht wirklich. Als die Schwester ihrer Großmutter ihren 90. Geburtstag feiert und den gesamten jüdisch-sowjetischen Familienclan nach Gran Canaria einlädt, folgt Lou dieser Einladung. Hierbei macht sie sich auch auf die Suche nach ihrer eigenen Identität und familiäre Spurensuche. Außerdem bekommt man als Leser den Eindruck, dass es um Lous Ehe nicht zu besten steht, plötzlich ist sogar von eventueller Scheidung die Rede. Ich hatte mir den Roman irgendwie aufgrund des Klappentextes heiterer vorgestellt. Stattdessen wird das Ganze in einem extrem abgegessenen zynischen Erzählton geschrieben, der die Protagonistin weder besonders sympathisch noch ihre Handlungen plausibel erscheinen ließ. Ich habe Lou als extrem egoistisch empfunden konnte zu ihr keinerlei Nähe aufbauen. Außerdem fand ich viele Themen, Handliungsstränge und auch Beziehungen zwischen den einzelnen Familienmitgliedern nur angerissen. Für meinen Geschmack hätte das Buch bestimmt 200 weitere Seiten umfassen dürfen und dadurch mehr in die Tiefe gehen. Die Geschichte hat mich durchaus unterhalten, ich glaube aber, dass hier noch mehr Luft nach oben gewesen wäre.