(Jüdische) Identitätssuche

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sapere_aude Avatar

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Lou und Sergej, beide in Berlin lebende russischstämmige Juden, sind seit 7 Jahren verheiratet und haben eine kleine Tochter. Sergej ist Konzertpianist und viel unterwegs, Lou ist promovierte Kunsthistorikerin und arbeitet normalerweise für eine Galerie, nimmt sich aktuell aber eine Auszeit. Kennengelernt haben sie sich in New York, wo Identitäten - und insbesondere die jüdische - klar und leicht waren.
Wie aber ist man jüdisch in Berlin, im Land der Nachkommen der Holocaust-Verbrecher? Kann man in diesem Land eigentlich ohne Vorbehalte und ohne Anführungszeichen jüdisch sein? Und muss man nicht nur die Religion bedenken, sondern vielleicht auch die (familiäre) Vergangenheit? Das sind Fragen, die sich Lou gezwungen sieht, endlich einmal zu beantworten, schließlich haben sie Auswirkung auf die Erziehung und Selbstwahrnehmung ihrer Tochter - und mittelbar auch auf ihr Verständnis von Familie.
Olga Grjasnowa geht mit „Juli, August, September“ diesen Fragen nach, folgt Lou zu einem Familientreffen auf Gran Canaria und schließlich der vertiefteren Spurensuche in Israel.
Der Roman ist überwiegend gut geschrieben, wirkt manchmal wie etwas zu schnell fertiggestellt. Er schafft einige Einblicke in die Identitätsfragen von Jüdinnen und Juden im heutigen Deutschland, bisweilen klingt es jedoch eher wie ein Memoir.