Das Gute im Menschen

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petris Avatar

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Martin ist 11 Jahre alt und hat ein schweres Leben hinter sich. Er besitzt nichts, er hat niemanden, der sich um ihn kümmert, nur sein schwarzer Hahn steht ihm zur Seite, wärmt ihn, hört ihm zu und spricht mit ihm. In einer Wahnsinnstat hat sein Vater die ganze Familie ermordet, nur Martin hat überlebt. Seither ist er dem Dorf unheimlich, denn trotz der schweren Geschichte ist er ein guter Mensch, immer freundlich. Und klug noch dazu. Täglich führt er ihnen alleine durch seine Existenz vor Augen, dass sie ihn alleine gelassen haben, dass sie nicht für ihn da waren, dass niemand bereit war, ihn aufzunehmen. Als eines Tages ein Maler ins Dorf kommt, weiß Martin nur eines: Er wird mit ihm gehen. Und er wird sich auf die Suche machen nach dem Geheimnis der verschwundenen Kinder, die jedes Jahr von dunklen Reitern entführt werden. Und er wird wiederkommen, um Franzi zu holen, die zweite gute Seele in seinem Dorf.
Damit beginnt eine abenteuerliche Reise, auf der Martin die Abgründe der Menschen noch besser kennenlernen wird. Immer an seiner Seite – der Hahn.
Dieser Roman ist sehr ungewöhnlich, er spielt in einer nicht genau benannten Gegend in einer alten Zeit vor der Industrialisierung, man würde die Geschichte wohl im Mittelalter einordnen. Doch mit der Zeit nimmt die Geschichte immer märchenhaftere Züge an, der Hahn spricht wirklich, nicht nur in Martins Vorstellung, die Kinder werden von einer bösen, alten Fürstin entführt, gleich der Hexe oder bösen Stiefmutter im Märchen. Und die Figuren (bis auf einige wenige) sind entweder böse oder gut. Wobei das Böse eindeutig im Vordergrund steht.
Mich hat das irritiert, weil für mich nicht ganz klar war, was der Roman eigentlich sein will – Märchen? Oder doch eine Schilderung der „alten Zeiten“? Eine Gleichnis über das Gute und Böse? Für mich hat sich das bis zum Schluss nicht ganz geklärt. Auch sprachlich glitt es dafür manchmal zu sehr in modernes Deutsch ab. Zudem erinnerte mich der Roman sehr an „Halbbart“ von Charles Lewinsky, den ich sowohl sprachlich als auch inhaltlich wesentlich dichter, vielschichtiger und besser fand.
Auf alle Fälle ist „Junge mit schwarzem Hahn“ ein ungewöhnlicher, gut geschriebener Roman, den ich mit großem Interesse gelesen habe. Zur vollen Sterneanzahl hat es allerdings nicht gereicht.