Ein Junge, ein Hahn und ganz viel Menschenverstand

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biancaneve_66 Avatar

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Ein ungewöhnlicher Elfjähriger ist in einem Dorf sich selbst überlassen. Den Bewohnern ist er zu klug und auch sein bester Freund und Beschützer – ein schwarzer Hahn – ist ihnen nicht geheuer. So verlässt der kluge und liebenswerte Junge eines Tages mit einem Maler das Dorf und lernt die Welt außerhalb seines Geburtsortes kennen. Im Dorf wurde er von den anderen gemieden, außerhalb lernt er die ganze Brutalität des Lebens kennen. Doch mit Hilfe seine gesunden Menschenverstandes meistert er selbst schwierige Situationen.
Das Cover – unverkennbar Diogenes – zeigt das Portrait eines Jungen, gemalt von Picasso; die Geschichte – ebenso unverkennbar zum Verlag passend – ist mit Sorgfalt ausgewählt und trifft den Leser ins Herz. Die Kapitel sind kurz und überschaubar, der Schreibstil sehr ansprechend und flüssig, fast möchte man sagen unspektakulär, jedoch hat ist der Inhalt des Buches überwältigend. Die Autorin wählt einfache Worte, die sie aber in so prägnante Sätze verpackt, dass es zum schonungslosen Wiedergeben der Erlebnisse führt. Der Leser ist sofort gebannt und fühlt sich, als nähme er am Geschehen persönlich teil.
Man kann in der Geschichte einen Entwicklungsroman sehen, oder aber sogar ein Märchen; eine ergreifende Handlung ist es in jedem Fall. Mit teils ironischem Unterton erzählt die Autorin aus dem Leben des jungen Protagonisten, der ein bescheidenes Leben führt, und selbst dann noch zufrieden bleibt, als er auf seinen Gegenspieler in der Person einer grausamen Herrscherin trifft.
Der Junge zieht vom Beginn der Geschichte die Sympathie der Leser auf sich. Man möchte ihn bedauern, da seine Hilfsbereitschaft von den Dorfbewohnern schamlos ausgenutzt wird und freut sich, dass er aufgrund seiner Klugheit Wege findet, seinen selbstgefälligen Mitmenschen auf elegante Weise ihre Dummheit vor Augen zu führen. Das feine Gespür des Protagonisten spiegelt sich auch in der Sprache wieder, die gekonnt zum Beispiel die Hektik beim Malen eines Auftragsbildes in Worte bannt.
Der Roman verdient eine absolute Leseempfehlung als großes Kunstwerk. Und das liegt nicht nur daran, dass man als Leser wieder ans Gute in den Menschen hoffen darf.