Gesellschaftskritischer Seitenhieb - Leseempfehlung!

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
luna80 Avatar

Von

„Der Maler kennt diese Frauen, die schneller als ein Wiesel zu den Nachbarn rennen, um über andere zu lästern, sich lustig zu machen, über jemanden, der ihnen nicht passt, weil er allein schon durch seine Existenz, wie der Junge, ihre ganze schweinchenhafte Zufriedenheit in Frage stellt.“
Der junge Martin wurde in eine grausame Welt geboren, im der Krieg herrscht, und er kämpft um seinen Platz selbiger, lebt von der Hand in den Mund und hat nur einen Freund in dieser armseligen Welt: seinen schwarzen Hahn. Seine Familie ist tot; der Vater hat in einem Wahn die gesamte Familie mit einem Beil erschlagen.
Martin ist schlau. Martin ist sensibel. Martin ist besonnen. Martin ist empathisch. Martin ist alles, was die tölpeligen Dorfbewohner*innen nicht sind. Und das gefällt ihnen nicht. Eine einzige zugewandte hat er, Franzi, die im Wirtshaus arbeitet.
Eines Tages kommt ein Maler in Martin’s Dorf, um ein Gemälde für die Kirche zu malen. Neben Franzi ist der Maler der einzige, der das Gute in Martin sieht. Sieht, wie offen, großherzig und klug er ist. Doch Martin wird von den Leuten nur ausgenutzt. Als er eines Tages mit einer Alten und ihren beiden Kindern unterwegs ist, werden sie von einem schwarzen Reiter überrumpelt, der der Alten die junge Tochter entreißt und mit ihr auf und davon reitet. Ein Schicksal, das schon viele Kinder getroffen hat.
Alle im Dorf sind überzeugt, dass Martin und sein Hahn daran schuld sind. Der Hahn ist der Teufel. Anders kann es nicht sein. Martin jedoch zieht mit dem Maler von dannen, denn er möchte die entführten Kinder wiederfinden. Dies ist seine Bestimmung. Koste es was es wolle. Und so macht er sich auf einen furchtbaren, unbeständigen Weg und erlebt Dinge, die kein Kind erleben sollte.

Fazit:
Als ich den Klappentext gelesen habe, hat es mich berührt, aber ich hätte nicht gedacht, dass es mich derart in den Bann ziehen würde. Stefanie vor Schulte spielt gekonnt mit Gut und Böse. Während Martin gutherzig und unvoreingenommen ist, sind die Menschen, die er trifft meist nur abscheulich, tiefgründig böse und auch dumm. Martin schaut in seinen jungen Jahren über den Tellerrand. Er hat die Gabe die Menschen zu lesen und ihnen doch nichts Böses zu wollen, trotz seiner Hindernisse im Leben.
Den schwarzen Hahn, der Martin nie von der Seite weicht, symbolisiert sich für mich als „das Gewissen“. Er steht Martin loyal zur Seite und bringt ihn immer auf den richtigen Weg.
Die Sprache ist sehr reduziert, trotzdem sprachgewaltig, doch teilweise auch poetisch. Es liest sich viel auch zwischen den Zeilen und das ist es, was diese Sogwirkung in die Geschichte auslöst. Es fesselt! Die Stimmung der Geschichte ist düster, unheimlich, teilweise auch schaurig.
Ich bin geflasht und liebe die Art, wie die Autorin diametral Dinge aufzeigt, mit Widersprüchlichkeiten spielt. Spielt mit Gesellschaftskritik, mit dem Verhalten von Menschen, das auch heute oft an Dummheit, Überheblichkeit und Eigennutz nicht zu überbieten ist. Damit skizziert sie Moral sowie gute und böse Charaktere, die ein tiefes Spiegelbild unserer Gesellschaft zeigen.
Ich freue mich auf das nächste Buch der Autorin!
Großartiges Buch!! Leseempfehlung! 5/5 Sternen.