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Als Martin elf Jahre alt ist, werden zwei Begebenheiten sein Leben für immer verändern: Ein Maler kommt ins Dorf, um die Kirche zu bemalen. Neben der Wirtstochter Franzi der erste Mensch, der das Gute in Martin sieht und seinen wachen Verstand zu schätzen weiß. Dann wird vor Martins Augen ein Kind gestohlen – ein dunkler Reiter mit wehendem Umhang entreißt es der entsetzten Mutter. Das Dorf ist überzeugt davon, dass Martin, der mit seinem ständig anwesenden schwarzen Hahn nur mit dem Teufel im Bunde sein kann, nur Unglück bringt. Martin jedoch weiß, dass es seine Bestimmung ist, die jährlich entführten Kinder zu finden und zurückzubringen.

“Junge mit schwarzem Hahn” spielt während eines Krieges. Die Menschen hungern und leiden. Sie sind verstümmelt, oft herzlos – leider auch dumm – und auf das eigene Überleben besonnen. Um welchen Krieg genau es geht, wird nicht genannt, meine Vermutung wäre der Dreißigjährige Krieg. Es gibt Reiter, Grafen, eine Fürstin und Gaukler.

Martin wirkt ein wenig wie der jüngste Bruder im Märchen. Gutherzig und klug, während seine nächsten Mitmenschen bösartig und unfassbar dumm sind. Er zieht hinaus in die Welt, um das Böse zu bekämpfen und muss dabei eine herausfordernde Prüfung bestehen, die kaum jemandem gelang. Auch sonst hat der Roman märchenhafte Züge, sodass der starke Kontrast zwischen Gut und Böse ohne graue Zwischentöne seine Berechtigung hat.

Der Titel “Junge mit schwarzem Hahn” erinnert an den Titel eines Gemäldes oder vielleicht sogar an eine Speise im Restaurant – und nur allzu oft denken die hungernden, verzweifelten Menschen daran, nicht nur den Hahn, sondern vielleicht auch den Jungen essen zu wollen. Beide würde niemand vermissen in dieser unbarmherzigen Welt, wo nur das eigene Überleben zählt.

Getragen wird das Romandebüt von Stefanie vor Schulte von einer ungewöhnlich einfachen, reduzierten Sprache, die ich als poetisch-naiv empfunden habe. Halbe Sätze, kurze Sätze und viele Zwischentöne aus Ungesagtem. Mich hat die Sprache sofort in ihren Bann gezogen und einen unerwarteten Sog ausgelöst, sodass ich das Buch an einem Tag durchgelesen habe.

Um es kurz zu machen: “Junge mit schwarzem Hahn” hat mich umgehauen, begeistert und ich kann Euch das Buch nur ans Herz legen.

© Tintenhain