Schnell und angenehm gelesen

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Inhalt
Der elfjährige Martin ist der einzige Überlebende eines Familiendramas und lebt allein mit seinem schwarzen Hahn. In seinem Heimatdorf wird er gemieden, wenn auch zu den niedersten Arbeiten herangezogen. Als ein reisender Maler für ein Altarbild beauftragt wird, begleitet Martin ihn danach. Er lernt nicht nur die Welt außerhalb des Dorfes kennen, er macht sich ebenfalls auf, den Verbleib der verschwunden Kinder, die von mysteriösen schwarzen Reitern entführt wurden, aufzuklären. Dabei erfährt er auch viel über sich selbst.


Meinung
Das vergleichsweise dünne Büchlein, welches an einem Abend locker ausgelesen ist, weiß auf eine ganz eigene Art zu unterhalten. Dabei ist es aber leider nicht ganz einfach dahinterzukommen, was die Autorin mit ihrer Geschichte aussagen möchte. Denn die zugrundeliegende Handlung ist recht profan und zudem äußerst geradlinig dargelegt.
Martin, der einen holprigen Start ins Leben hatte, nachdem der eigene Vater die gesamte Familie getötet hat, ist sympathisch, immer gefangen zwischen kindlichem, charmantem Verhalten und einer recht erwachsen wirkenden Denkweise. Ein Genie, wie es manchmal vorkommt, dem die Welt nicht gewachsen ist? Obwohl er die Geschichte nicht selbst erzählt, schaut der Leser oft mit seinem Blick auf die Geschehnisse. In einer nicht näher spezifizierten Welt, die gut ins Jahr 16xx passt, reiten alle vier apokalyptischen Reiter über das Land. Krieg, Pest, Hunger, Tod und Ausbeutung haben tiefe Spuren hinterlassen. Die Menschen sind nicht nur davon gebeutelt, sondern auch vom eigenen Aberglauben, der fehlenden Bildung und starren Regeln. Es ist also keine schöne Welt, in die Martin sich aufmacht und es wirkt, als habe die Autorin auch keine solche zeigen wollen. Irgendwie scheinen alle nur irgendwie überleben zu wollen – und das mit allen Mitteln, auch den unlauteren. Nur das Leben selbst haben sie verlernt. Martin verlässt den Maler irgendwann, weil er auch dessen inneren Kern erkannt hat und gerät an den Hof einer Fürstin, an dem sich viele seltsame Dinge zutragen. Das ist aber nicht nur der Story geschuldet, es wird alles zunehmend unverständlicher. Nicht nur fehlen einzelnen Figuren Motivationen, so dass nicht zu verstehen ist, warum sie so handeln wie sie es tun. Ihre Handlungen selbst scheinen eine Art Metapher zu sein, leider ist nicht zu verstehen wofür. Ein paar Seiten lang dreht sich dann alles im Kreis, bis einige Ereignisse aus Martins früher Kindheit aufgegriffen werden. Nur wieso sollte ein verlorener Wettbewerb seinen Vater zu seinen Taten angestachelt haben? Und das Dorf liegt entfernt, er wird doch inzwischen geschlafen haben können? Und was genau hat es mit den Kindern der Fürstin auf sich? Das war einfach nicht zu verstehen.
Am Ende scheint es auch keine Konsequenz aus allem zu geben. Martin kehrt heim. Ist er geläutert? Will er vielleicht gar nicht mehr von der Welt sehen? Oder war es tatsächlich nur das Lächeln eines Mädchens …
Wer einen tieferen Sinn sucht, muss ziemlich tief graben und es gibt keinen Garant dafür, dass sich etwas finden lässt. Aber die kurze Erzählung liest sich wirklich gut weg, wenn sie vermutlich auch nicht lange im Gedächtnis verhaftet bleibt.