Eine Flasche Champagner Jahrgang 1937

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
miltonia 01 Avatar

Von

Um die Jagd nach dieser speziellen Flasche dreht sich in diesem Buch von Brigitte Glaser alles und aus meiner Sicht ist ihr hiermit wieder ein ganz wunderbarer Blick auf die deutsche und europäische Nachkriegsgeschichte gelungen.

Bis in die Anfänge der 60iger Jahre liegt die Flasche gut versteckt auf einem Weinbauernhof am Kaiserstuhl, bis es zu Freundschaftsverhandlungen zwischen Deutschland mit Kanzler Adenauer und Frankreichs Präsidenten de Gaulle kommt. Zu diesem Anlass soll die edle Flasche geköpft werden und da beginnen die Verwicklungen. Der junge Bote verliert die Flasche auf dem Weg zum Übergabetreff, der Empfänger Paul Duringer, ein Elsässer aus Strasbourg, muss sich nun mit seiner ehemals großen Liebe, einer Weinhändlerin aus Freiburg, in Verbindung setzen. Diese hat ihn einst vor dem Altar versetzt, darüber kam er nur sehr schlecht hinweg und lässt sich seither durch Film- und Frauenwelt treiben. Umso schwieriger nun ein Wiedersehen.

Henny Köpfer, die Weinhändlerin, liebte den Paul zwar ebenso sehr, hat aber ein sehr dunkles Geheimnis aus den Nazizeiten auf der Seele lasten. Das wiederum zeigt, wie schnell man aus einem Opfer zum Täter werden konnte und wie schwer es war, da zu widerstehen oder aber auch mit der Schuld zu leben.

Aber geht es bei der Suche nach der verschwundenen Flache wirklich nur um einen nun doch etwas fraglichen Trinkgenuss? Plötzlich sind auch Männer hinter der Flasche und Henny her, die während der Nazizeit in Deutschland und Frankreich auf einflussreichen Posten saßen, sich am Eigentum Anderer bereicherten und zu schweren Verbrechen fähig waren. Ebendiese profitieren nun vom deutschen Wirtschaftswunder, sind für ihre Untaten nie zur Rechenschaft gezogen worden und drehen schon wieder große Räder. Alle wollen vergessen und nicht an alte Wunden rühren.

Gleichzeitig zeigt der Roman aber auch die enge Verflechtung zwischen Deutschland und Frankreich auf, mit dem ständig zwischen den Ländern wechselnden Elsass, dass sich kaum eindeutig einer Seite zuordnen lässt und deren Menschen durch Handel, Wirtschaft und Familienbande so eng verbunden sind. Im schlimmsten Fall kommt es dann zu Konstellationen, dass sich Brüder auf verschiedenen Seiten des Krieges gegenüberstehen. Und wenn wir dachten, dass wir in Europa über diese schlimmen Zeiten hinweg wären und alles besser machen würden, belehr uns nun ein kurzer Blick nach Osten eines Besseren.

Ich war ganz gebannt im Lesefluss und musste mich zwingen, das Buch hin und wieder aus der Hand zu legen. Das etwas offenen Ende lässt mir Hoffnung und Phantasie auf glückliche Fügungen für die beschriebenen Personen.
Deshalb von mir 5 Sterne!