Vielschichtige Nachkriegsgeschichte

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waldeule Avatar

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Ein tolles Buch! Eines, das mich total begeistert hat, denn es hat alles, was ich mir bei guten Büchern wünsche: eine packende (fiktive) Geschichte, die vor dem Hintergrund realer Historie erzählt wird; spannende Charaktere, die nicht einfach nur schwarz oder weiß sind und dazu ein anschaulicher Schreibstil, der mich mit vielen kleinen Details und Bildern in eine andere Lesewelt entführt.

Ihr merkt, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll zu schwärmen. Das Buch kurz zusammenzufassen ist für mich nahezu unmöglich, weil es so vielseitig ist. Deswegen sei hier ein Satz aus dem Klappentext des Buches zitiert:

„Kaiserstuhl erzählt von der heilenden Erfahrung, sich der Vergangenheit zu stellen und zu vergeben – und von den Anfängen des europäischen Traums.“

Das finde ich hervorragend auf den Punkt gebracht! Ergänzend sei nur noch gesagt es geht um das Leben im Grenzgebiet Deutschland/Frankreich nach und auch während des Krieges, wobei sowohl die große Politik als auch die kleinen Alltäglichkeiten 1962/1963 geschickt eingeflochten werden. Eines der weiteren großen Themen ist Champagner und Wein, ebenfalls etwas, was beide Länder eng miteinander verbindet. Als fiktiver roter Faden passt da die Suche nach einer verschwundenen Champagnerflasche sehr gut dazu.

Die Autorin schafft es bei aller Komplexität, die ganzen Fäden in der Hand zu behalten und alle Stränge in ein großes Ganzes einzubinden. Das finde ich angesichts der Vielzahl der angesprochenen Themen eine ganz große Kunst und damit ist ihr meiner Ansicht nach wirklich eine Meisterleistung gelungen.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen. Die Handlung ist auf einige wenige Hauptpersonen fokussiert, die wir durchgehend begleiten. So fügen sich alle anderen Stränge um Henny, Paul, Kätter und Kaspar wunderbar ein und das Buch verliert sich nicht in Nebenschauplätzen. Man muss sich einlassen können auf das Buch, es erfordert eine gewisse Konzentration. Belohnt wird man dafür mit einer sehr lesenswerten, komplexen und vielseitigen Geschichte. Die kurzen Kapitel haben mich immer wieder an einen Film erinnert – übrigens auch ein wiederkehrendes Thema des Buches – der in verschiedenen Szenen die Geschichte und ihre Hintergründe langsam entwickelt. Das passt hier perfekt.

Die Protagonisten sind nicht einfach. Sie haben alle ihre Erfahrungen gemacht und sind dadurch zu denen geworden, die sie im Gegenwartsstrang sind. Das fand ich sehr gut dargestellt, vor allem mit einer großen Tiefe. Überhaupt mag ich Protagonisten, die in Grautönen gezeichnet sind. Sie alle wachsen im Laufe des Buches und schaffen es, über ihren eigenen Schatten zu springen. Eine Entwicklung, die ich gerne mit ihnen gegangen bin.

Fazit: Ein Buch, über das ich noch lange schwärmen könnte. Für mich hat es perfekt gepasst und deswegen vergebe ich ausgezeichnete fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung an alle, die komplexe Geschichten aus der Nachkriegszeit mögen und sich gerne darauf einlassen.