Kapital

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waldmeisterin Avatar

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Zuerst hat mich das Buch überhaupt nicht angelacht und ich wollte es gar nicht lesen. Ich habe sowas Abgehobenes, Hyperintellektuelles, ziemlich zäh zu Lesendes erwartet. Zum Glück habe ich die Leseprobe trotzdem angefangen, denn sie hat mich recht schnell in ihren Bann gezogen. Der Schreibstil des Autor ist angenehm zu lesen, witzig, teilweise ironisch, die Charaktere werden schön gezeichnet, bereits auf den ersten Seiten kommt es einem vor, als würde man sie schon ewig kennen:
Petunia Howe, die alte Dame, die eine Lieferung vom Tesco-Händler erwartet und von ihrer Tochter dafür genaue Anweissungen erhalten hat: Nämlich nur ja kein Trinkgeld zu geben, da das absolut nicht üblich sei. Mrs Howe hätte es lieber gesehen, wenn die Tochter mit ihr zum Einkaufen gegangen wäre, anstatt einen Lieferservice zu organisieren... Sie lebt schon ihr ganzes Leben in der Pepys Road mit einer kurzen "Auszeit" auf dem Land während des Krieges, um der Bombardierung zu entgehen. Das Haus hat ihr Großvater direkt vom Architekten gekauft. Zu einem Preis, von dem Robert Yount, ihr Nachbar, wohl nur träumen kann. Er ist Banker in der City, hat 2,5 Mio Pfund für sein Haus bezahlt und nochmal etliches mehr für die Renovierung, sein Wochenendhaus inkl. Cottage, diverse Urlaube (teils mit gechartertem Privatjet), Autos, Schulgeld, Kindermädchen etcetera pp. Er braucht dringend eine Bonuszahlung in Höhe von Minimum einer Million, um seine laufenden Kosten zu decken. An der Art wie er beschrieben wird, und noch mehr an der Art, wie sein Stellvertreter dargestellt wird (der ja so perfekt ist und gar nicht scharf auf seinen Posten, dafür aber in der Finanzwelt den vollen Überblick hat, wohingegen Robert ebendiesen gerade zu verlieren scheint), ahnt man schon, dass er den dringend erwarteten/ersehnten/benötigten Bonus wohl eher nicht erhalten wird...
Da trifft in der Pepys Road eine Postkarte ein: "Wir wollen, was ihr habt!". Petunia kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, was das sein soll...