Kaschmir oder Polyacryl?

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singstar72 Avatar

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Es ist unausweichlich – der Vergleich zu „Gut gegen Nordwind“ von Daniel Glattauer, dem damaligen Mega-Erfolg, drängt sich einfach auf. Derselbe Stil, dieselbe Thematik. Man schaut als Leser „live“ einem Vorgang des Verliebens zu. Man „belauscht“ sozusagen eine Kommunikation, die halb aus Zufall stattfindet. Nur hier ist es umgekehrt: es ist der Mann, nicht die Frau, der (aus noch unklaren Motiven) halb unabsichtlich bei seinem Gegenüber landet.

Dabei gibt es noch einige unklare Variablen, die ich gerne ergründen würde. Was hat das Ganze mit Kaschmir zu tun? Die Frau der Sexhotline (möge sie nun Yvonne oder Marie heißen, völlig egal), ist angeblich am Stricken. Womöglich mit Kaschmirwolle – die aber recht teuer ist. Aber man kann (und soll vermutlich) an vielem hier zweifeln.

Die beiden Gesprächspartner belügen sich am laufenden Band. Ich vermute, dass diverse Aspekte von Schüchternheit, aber auch versteckte Abhängigkeiten dahinter stecken. Diese Beiden müssen erst lernen, ehrlich zu sein. Das würde ich schon gerne entdecken!

Warum arbeitet „Yvonne“ bei dieser Hotline? Sie wirkt schon ziemlich abgebrüht, beinahe lustlos. Und Joe/Gottlieb? Warum ruft er dort an? Das ist am Ende der Leseprobe immer noch nicht klar. Er beginnt, von einem zufällig entdeckten Lottoschein zu erzählen. Aber auch hier habe ich Zweifel. Wenn er eine Lebensberatung braucht, dann gibt es doch die Telefonseelsorge… warum dann eine Sexhotline??

Bis jetzt ist der Stil gefällig und glatt. Und das Buch ist laut Verlagsangaben nicht eben lang, nur 180 Seiten. Ich würde gerne wissen wollen, wie man auf dieser Seitenzahl das Verlieben glaubhaft schildern will. Und dann noch bei einer Sexhotline… das kostet doch!! Da ist schon einiges mysteriös. Aber nicht unsympathisch.