Ein Protagonist, den ich näher kennenlernen möchte...

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tyler_lehane Avatar

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Bereits dem Buchtitel „Kein guter Mann“ kann man entnehmen, dass der Protagonist Walter wohl nicht als die Form menschlicher Lichtgestalt gilt, der man gern begegnen möchte. Oder doch? Ist Walter tatsächlich kein guter Mensch? Man könnte glatt versucht sein, dies zu vermuten, wenn man die Leseprobe von Andreas Izquierdos Buch liest. Walter wird von ihm als einer dieser älteren Herren dargestellt, der sich das Leben wohl nicht gerade leicht macht. Es findet Erwähnung, dass er zu einem Teil seiner Familie keinen guten Kontakt zu haben scheint. Als seine Tochter ihn besucht, kann er sich nicht zurückhalten sie auf ein sensibles Thema anzusprechen und ihre Reaktion lässt vermuten, dass auch sie es vermutlich nicht eilig haben wird, ihn allzu bald wiederzusehen. Dabei deutet der Autor an, dass es aber auch eine andere Seite an Walter gibt. So scheint sich der 60-jährige Briefträger Sorgen um seine Tochter zu machen. Es bleibt auch nicht unerwähnt, dass er daran interessiert ist, dass Menschen ihr Leben doch bitteschön im Sinne des Wohl der Allgemeinheit gestalten sollten.

Izquierdo zeigt mit gewissem Witz die Situation zwischen Walter und Herrn Leyendecker, einem Mann, der Walter bei dem Vorbeifahren mit seinem Wagen nassgespritzt hat – und das ziemlich gründlich. Im Weiteren schaukelt sich der Konflikt zwischen den beiden Männern immer weiter hoch bis hin zur Eskalation. Es entlockte mir ein Schmunzeln und Lachen zu erfahren, welche Aktionen der Autor sich für die jeweilige Person ausdachte, um die Situation immer weiter zuzuspitzen.

Es erscheint mir eine feine Mischung zwischen dem Angedeuteten und dem etwas Offensichtlicheren zu sein, die Walters Leben beschreibt. Ich habe Walter bereits liebgewonnen, denn gerade die leisen Töne versprechen, dass sich in diesem Protagonisten mehr Tiefgang verbergen mag, als man es auf den ersten Blick vermuten könnte. Einsamkeit, zunehmendes Alter, Missverständnisse, das alles scheint Walters Leben zu prägen und es wird nachvollziehbar, warum er so handelt, wie er es eben tut. Zumindest im ersten Ansatz, den alles Weitere diesbezüglich bleibt nach der Leseprobe noch offen und doch habe ich unwahrscheinliche Lust, Walter weiter zu begleiten.

Walter, der in die Christkindfiliale versetzt wird und in die Rolle Gottes schlüpft, um die Briefe eines kleinen Jungen zu beantworten, der sich nach einem Freund sehnt – diese weiterführende Handlung klingt allzu gut, wenn ich mir vor Augen führe, wie sorgsam Andreas Izquierdo seine Figur bereits gezeichnet hat. Das kann nur gut werden, blitzt in mir ein Gedanke auf.

Leise Gefühle, aber auch laute, scheint der Autor beschreiben zu können. Auch traue ich ihm nach der Leseprobe bereits zu, dass er einige nette Einfälle für den weiteren Handlungsverlauf seines Buches hat. Er erschafft einen Protagonisten, der in mir förmlich die Neugier weckt, hinter seine Fassade schauen zu wollen, ein Stück seines Lebensweges mit ihm zu gehen und ihm dabei zuzusehen, wie er diesen Weg meistert. Denn eins scheint bereits erkennbar: leicht wird dieser wohl nicht. Wohl aber äußerst interessant und sicher auch gespickt mit emotionalen Regungen bei mir als Leser. Ein bisschen Schwere, ein bisschen gute Laune, Andreas Izquierdo scheint dies gut vereinen zu können. Er erreicht mich mit seinem Schreibstil und seinen Worten.