Ziemlich beste Freundinnen…

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Das Buchcover hat mir sofort gefallen, es passt hervorragend zum Titel, macht Lust auf Italien und verspricht einen freudevollen Lesespaß. Vier Freundinnen, die sich aus der Schulzeit kennen, treffen sich nach vielen Jahren immer noch. Vielleicht nicht ganz so häufig, hat doch jede ein eigenes Leben, in dem sie voll aufgeht.
Da ist Amelie, die nach Italien ausgewandert ist und dort in einer pompösen Villa Bilder malt, die sich hervorragend verkaufen. Da ist Poppy, Single, vielleicht etwas übergewichtig, aber lebensfrohe und harmoniebedürftige Illustratorin von Kinderbüchern. Schröder, ebenfalls Single und taffe Bauingeneurin, ist eine anziehende jung wirkende Frau mit Beziehungen zu sehr jungen Männern und dann ist da noch Mia, gut gekleidete, gut gestylte Helikoptermutter eines studierenden Sohnes und pupertierender Zwillinge in langjähriger Ehe.
Alle diese Charaktere sind sehr authentisch und liebevoll beschrieben. Eine kleine heile Welt. Genau das richtige Buch für eine langweilige und langwierige Bahnfahrt! Wahrscheinlich wunderten sich alle Mitreisenden über das Dauerlächeln auf meinem Gesicht.
Dann stirbt Amelie und die drei hinterbliebenen Freundinnen fahren nach Italien, da sie zum Einen für ihre Freundin die Beisetzung organisieren und darüber hinaus das Erbe von Amelie antreten sollen.
Nun, Amelies zwar romantisches, aber stark renovierungsbedürftige Häuschen hat gar nichts mit den Bildern der Villa zu tun, die ihre Freundinnen kennen. Und auch Amelies Bilder, die nicht wirklich ausgereifte Kunst sind, stapeln sich im Atelier anstatt die Wände gutsituierter Käufer zu zieren. Nach einigem Hin- und Her einigen sich die drei Freundinnen das Haus aufzuhübschen, dann zu verkaufen und für Amelie eine würdige Trauerfeier zu organisieren.
In dieser nicht einfachen Situation stellt sich aber heraus, dass nicht nur Amelie Geheimnisse vor ihren Freundinnen hatte, auch die anderen waren bei Weitem nicht offen zueinander und je mehr Geheimnisse ans Licht kommen, umso mehr verändert sich die Stimmung unter den Freundinnen und führt zu heftigen Gefühlsausbrüchen, allerdings auch bei jeder zur Selbstreflektion. Der Autorin gelingt es hervorragend, die Einsichten und das Hinterfragen der eigenen Rollen in ganzer Tragik zu erzählen ohne die Leichtigkeit der Sprache zu verlieren. Vielleicht treten die verstörenden Ereignisse etwas gehäufter auf als im wahren Leben, aber es kommen Wahrheiten zu Tage, die es in vielen Beziehungen mit und untereinander gibt und die auch beim Lesen sicher manche Überlegungen über eigenes Leben veranlassen. Trotz allem Ernst, den das Buch auch enthält, bringen unerwartete und überraschende Wendungen den Humor immer wieder zurück. So ein Buch muss gut ausgehen und das tut es auch. Am Ende meiner Reise und der Lektüre wunderten sich meine Mitreisenden dann wahrscheinlich über die kleine Träne, die ich aus dem Augenwinkel wischte.