Flucht, Misstrauen und Medienhetze

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charleen Avatar

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Hannah Deitchs Erzählweise zeichnet sich vor allem durch sehr detaillierte Umgebungsbeschreibungen aus – die Kulissen entstehen regelrecht als lebendige Bilder vor dem inneren Auge. Auch die Szenerien sind atmosphärisch dicht und bildhaft dargestellt, was eine besondere Stärke des Romans ist.
Der Einstieg in die Geschichte fiel mir jedoch etwas schwer. Obwohl der Fund der toten Eltern und das gefesselte Mädchen unter der Treppe sofort Spannung versprechen, war für mich nicht ganz nachvollziehbar, warum Evie Gordon nicht einfach die Polizei rufen konnte, nachdem sie die schockierenden Entdeckungen gemacht hatte. Zwar werden ihre Ängste und inneren Konflikte erläutert, dennoch wirkten ihre Entscheidungen auf mich eher konstruiert. Besonders die anschließende Eskalation mit Serena – die Evie in Panik niederschlägt – erschien mir nicht völlig schlüssig. Dadurch wirkte der erste große Plotpunkt etwas unglaubwürdig und weniger fesselnd, als er hätte sein können.
Der detailreiche Schreibstil von Deitch ist einerseits beeindruckend: Gerade in der Schilderung von Atmosphäre und Emotionen zeigt die Autorin großes Talent. Andererseits empfand ich die vielen inneren Monologe und das genaue Nachzeichnen von Evies Gedanken teilweise als Bremsklotz für den Spannungsaufbau. An manchen Stellen zog sich die Handlung, was das Leseerlebnis ein wenig langatmig machte.
Trotz dieser Schwächen war Killer Potential für mich insgesamt ein unterhaltsames Buch – vor allem die zweite Hälfte gewann an Tempo und Spannung. Obwohl mit vielen überraschenden Twists geworben wird, waren diese für mich größtenteils vorhersehbar. Der große "Wow"-Effekt blieb aus, dennoch wollte ich wissen, wie es für Evie und ihre mysteriöse Begleiterin weitergeht.

Killer Potential ist ein Buch, das sich schnell und leicht lesen lässt und gut unterhält – perfekt für Zwischendurch. Allerdings wird es vermutlich nicht lange in meinem Gedächtnis bleiben, da die Charaktere und die Handlung trotz des spannenden Settings wenig nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben.