Beginn der modernen Kinderheilkunde

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hennie Avatar

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Als „Die große Kinderärztin-Saga" wird der erste Band von Antonia Blum angekündigt. Da bin ich natürlich neugierig geworden, wie viele Bücher noch zu erwarten sind. Gefunden habe ich die Fortsetzung „Kinderklinik Weißensee – Jahre der Hoffnung", die im September 2021 erscheinen soll.

Es beginnt mit dem Jahr 1898 in Lübars bei Berlin. In einer ärmlichen, windschiefen Kate bemüht sich die todkranke Mutter ihrer größeren Tochter einen schönen Geburtstag zu bereiten. Marlene wird 6 und Emma ist 4 Jahre alt. Doch die Mutter verstirbt vor den Augen ihrer Töchter. Die beiden Mädchen kommen ins Waisenhaus. Dann erfolgt ein großer Zeitsprung ins Jahr 1911. In Berlin - Weißensee wird die erste Kinderklinik Deutschlands eröffnet und die Lindow-Schwestern haben das große Glück dort ihre Ausbildung zur Kinderkrankenschwester anzufangen.

Mit historischem Hintergrund – es regiert Kaiser Wilhelm in Preußen - wird die Lebensgeschichte von Marlene und Emma Lindow sehr emotional erzählt. Ich erhielt Einblicke in die Anfänge der Kinderheilkunde und in die Erkenntnisse der damaligen Zeit, bspw., dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind. Mit viel Herz und sehr liebevoll werden die kleinen Patienten betreut.
Anschaulich und in einfachem Sprachstil berichtet die Autorin Antonia Blum nicht nur über die Klinik und der ihr angeschlossenen Milchkuranstalt, sondern auch über die massiven Schwierigkeiten, denen die Waisenschwestern in ihrer Ausbildung ständig ausgesetzt sind. Sie werden wegen ihrer familiären Herkunft ausgegrenzt, müssen sich mehr beweisen als die jungen Damen aus vornehmen Hause. Ihre Außenseiterrolle kommt hervorragend zum Ausdruck. Vor allem Marlene schlägt offener Haß und unverhohlener Standesdünkel entgegen. Heute nennt man das Mobbing.

Nicht so gut gefiel mir, dass die Handlung so durchschaubar war. Das private Geschehen um Emma und Marlene wurde mir stellenweise zu sentimental. Als Gegenpol dazu fand ich die gefühlvollen, innigen Szenen an den Betten der kranken Kinder sehr schön. Die Figur des kleinen Fritz Schmittke (auf dem Cover wunderbar dargestellt - Der kleine Junge mit den Hosenträgern) und die des Pförtners mit der typischen „Berliner Schnauze" und mit seinem Wellensittich Jacki werden mir in wundervoller Erinnerung bleiben.

Insgesamt gesehen ist der erste Band ein gut gelungenes Buch. Ich empfehle es und freue mich auf die Fortsetzung.