Ambivalent

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heinoko Avatar

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Zunächst: Das Cover ist perfekt. Es gibt etwas von der Härte des Buches wieder, aber es lässt auch Vieles im Dunkeln, im Ungewissen.

Es sind verschiedene Leben, die einander aufs Unheilvollste begegnen: Doe, eine junge Frau, hat ihr Gedächtnis verloren und muss auf der Straße überleben. Und Brantley, von Kindheit an auf der falschen Seite des Gesetzes lebend und handelnd, der von allen King genannt wird und von dem man weiß, dass er nichts, was er als sein Eigen nennt, jemals wieder hergibt. Sie treffen schicksalhaft aufeinander...

Ja, ich bin ambivalent. Will ich wirklich über das Über-Leben in der Gosse lesen? Will ich wirklich wissen, wie Menschen sich an andere Menschen verkaufen? Will ich geschildert bekommen, wie versiffte Toiletten in Tankstellen aussehen und wer wann wen wie prügelt? Es wird eine brutale Welt gezeichnet. Rohe Sprache, rohe Taten, abstoßend, ekelerregend. Dazu seitenweise pornographische Schilderungen, ebenfalls an Grobheit nicht mehr zu überbieten. Nein, das will ich wirklich nicht lesen!
Aber da ist noch eine andere Geschichte dahinter, die von dem Mädchen ohne Gedächtnis und die von King, dem starken Mann, für den die Grenzen des Legalen "fließend" sind. Da gibt es hinter aller Härte und Grausamkeit etwas Zartes, Verborgenes, Feinfühliges, eine völlig unerwartete Sensibilität. Momente von zauberhafter Nähe, ein Aufblitzen von fast vergessenen Werten.
Und genau diese extremen Diskrepanzen sind es, die das Buch nach meiner Meinung zu etwas Besonderem machen. Die Autorin schafft es dank ihrer großartigen Gabe eines äußerst intensiven Schreibstils, den Leser vom Dreck in den Himmel und wieder zurück zu stoßen - und man bleibt benommen auf der Strecke...
Gut, dass es eine Fortsetzung geben wird!