Guter Reihenauftakt, der leider nicht aus der Masse hervorsticht

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henrike von buchstabensalat.net Avatar

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Kingdoms of Smoke – dieses Buch ist in den letzten Monaten in aller Munde gewesen. Jedenfalls hatte es den Anschein, denn wo auch immer ich mich in den sozialen Netzwerken umgesehen habe, jeder größere Blogger schien an der Marketingkampagne teilzunehmen. Und das, noch bevor es überhaupt in den Läden steht. Ich war also sehr neugierig und durfte vorab einen Blick hineinwerfen.
Die Geschichte erinnert an viele Jugendfantasybücher der letzten Jahre: Eine Gruppe junger Menschen findet auf unterschiedlichen Wegen zusammen, ihr Schicksal verbindet sie auf verschiedene Weise und zusammen stellen sie sich einem scheinbar übermächtigen Feind. Jeder hat bestimmte Fähigkeiten oder Merkmale, die ihn oder sie ausmachen. In diesem Fall haben wir zum Beispiel die unterdrückte Prinzessin eines Landes, in dem Frauen keinen Wert, geschweige denn Entscheidungsfreiheit haben und ihren auffallend gutaussehenden Leibwächter, einen Diener, dessen gesamtes Volk ausgelöscht wurde und der nun im Dienst eines kleinen Königreiches steht, ein Mädchen, das seinen Lebensunterhalt damit verdient, vor Dämonen davonzulaufen und einen Dieb, der plötzlich erfährt, dass sein abwesender Vater scheinbar von höherem Rang ist, als er sich hätte denken können. Diese und mehr Figuren begleiten wir abwechselnd durch ihre Kapitel und erfahren, wie sie sich begegnen und verpassen und vor welche Herausforderungen sie gestellt werden. Dabei steht ein Krieg in den Startlöchern, es werden Gesetze gebrochen und je nachdem, welchen Charakter wir gerade begleiten, stehen andere Probleme im Vordergrund.
Der Schreibstil ist dem Genre angemessen und lässt sich sehr flüssig verfolgen: Ich habe Kingdoms of Smoke in eineinhalb Tagen verschlungen. Besonders gut gefielen mir die Passagen aus der Sicht der Prinzessin Catherine, in denen sie lernt, wie in ihrer Heimat mit Frauen umgegangen wird, in denen sie heruntergemacht und gezwungen wird, der Hinrichtung einer anderen Frau beizuwohnen, damit sie ihre Lektion (gehorche!) lernt – und in denen gleichzeitig viele clevere und mutige Frauen eine wichtige Rolle für die Handlung spielen, in denen sie Hoffnung schöpfen kann aus dem, was ihre Vertrauten ihr an die Hand geben, wie sie lernt, über sich hinaus zu wachsen und sich über diejenigen hinweg zu setzen, die sie ihr Leben lang in einem Käfig gehalten haben – in einem Käfig, der nicht immer golden war! Auch die anderen Figuren haben ihren Charme, besonders Prinz Tzsayn, Tash und Edyon haben es mir angetan. Die Bösewichte sind sehr gut geschrieben, die Autorin macht es einem leicht, sie zu verabscheuen.
Auch das Worldbuilding ist meiner Meinung nach gut gelungen. Die Karte im vorderen wie im hinteren Buchdeckel erleichtert die Orientierung und das Verfolgen der Geschichte. Zusammen mit meinem Leseexemplar gab es auch eine große Poster-Version der Landkarte auf der Innenseite eines zweiten Schutzumschlags, sogar in Farbe. Das ist ein tolles Extra, das mir sehr gut gefällt und von dem ich mir wünschte, dass es häufiger solchen Büchern beigefügt würde.
Schade finde ich, dass der titelgebende Dämonenrauch eine verhältnismäßig geringe Rolle im Verlauf der Handlung spielt. Zwischendurch gibt es immer mal wieder Szenen, in denen er oder die Dämonen selbst auftauchen und gegen Ende erklärt sich auch die Funktion dieser Wesen. Der Titel ist also keineswegs falsch gewählt. Ich hätte mir schlicht gewünscht, dass dieser Teil der Geschichte – eben der, der aus einer einfachen Geschichte in einer mittelalterlichen Welt eine Geschichte der Fantasy macht – präsenter wäre.
Leider muss ich auch auf meine Formulierung von oben zurückgreifen: Das Buch erinnert stark an viele andere dieses Genres aus den letzten Jahren. Das macht die Geschichte nicht schlechter, sie ist nur einfach nichts besonderes in dem großen Einheitsbrei. Das Buch ist gut und unterhaltsam, es macht Spaß, es zu lesen, aber es sticht nicht aus der Masse hervor. Ich habe die Hoffnung, dass der zweite Band noch etwas spannender wird, jetzt, da die Figuren einander gefunden haben und nachdem einiges passiert ist; dass ein paar Erwartungen, die mit diesem ersten Band geschürt wurden, erfüllt werden. Wir werden sehen. Ich wurde jedenfalls gut unterhalten, für die vollen fünf Sterne reicht es aber leider nicht ganz.