Die Sünden der Eltern

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
buecherfan.wit Avatar

Von

Don Winslows neuer Roman “Kings of Cool” ist als Prequel zu dem zuvor erschienenen Roman “Zeit des Zorns” angelegt, der unter dem Originaltitel “Savages” von Oliver Stone verfilmt wurde und im Oktober 2012 in die Kinos kommt. Winslow erzählt die Geschichte des Drogenhandels in Südkalifornien. Der neue Roman spielt auf zwei Zeitebenen: 1967 - als alles anfing - bis 1991 und 2005. Die 60er Jahre waren die Zeit der Hippies. 1967 verbündeten sich Hippies und Surfer und gründeten The Association. Sie wurden reich mit dem Verkauf von Marihuana. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten der “Doc”, die Acid konsumierenden Hippies Stan und Diane und der junge John McAllister, der in dem Doc einen Ersatzvater fand, als seine Eltern ausschließlich mit sich selbst beschäftigt waren. Auf der Erzählebene der Gegenwart (2005) stehen Chon, Ben und das Mädchen O(phelia) im Mittelpunkt. Auch sie handeln erfolgreich mit Drogen. Ben züchtet Hydrokultur-Cannabis von außerordentlicher Reinheit in speziellen Gewächshäusern. Chon ist Soldat in einer Spezialeinheit und wird immer wieder zu Einsätzen nach Afghanistan geschickt. Dann bekommen die jungen Leute Probleme mit anderen Dealern und durch korrupte Bullen, die den zunächst unbekannten Bossen zuarbeiten. Der kampferprobte und gewaltbereite Chon wird mit den Gegnern fertig, nicht aber der pazifistisch eingestellte Ben, der zusammengeschlagen wird und zum Schein auf hohe monatliche Zahlungen an einen Gangsteranwalt eingeht. Er wird einen anderen Weg suchen, um mit dem mächtigen Gegner fertig zu werden. Sein Widerstand bleibt jedoch nicht unbemerkt und bringt ihn in höchste Gefahr.
In 305 Kapiteln auf 349 Seiten erzählt Winslow mit rasantem Tempo eine Geschichte, die in Aufbau und Sprache bereits wie die Vorlage für einen Film wirkt und sogar schon drehbuchartige Passagen enthält. Seine Sprache ist direkt, schnörkellos, manchmal vulgär und für neue Leser, die die anderen Romane nicht kennen, sicherlich ebenso gewöhnungsbedürftig wie die ebenfalls typischen grausamen Szenen. Interessant an diesem Roman ist nicht nur die Entwicklung des südkalifornischen Drogenhandels, sondern auch die Wandlung der Althippies von Idealisten zu egoistischen, habgierigen Zynikern, die schließlich so werden wie die, die sie einst bekämpften. Diesen Prozess beschreibt Winslow in Kapitel 246, wo er einen Abriss der neueren amerikanischen Geschichte im Telegrammstil liefert. In diesem Roman sind Vergangenheit und Gegenwart untrennbar miteinander verflochten, und er bezieht einen Teil seiner Spannung aus der Tatsache, dass sowohl die jungen Protagonisten Chon, Ben und O als auch der Leser diese Verbindung erst sehr spät verstehen.
“Kings of Cool” ist ein spannender, gut lesbarer Thriller im typischen Winslow-Stil, der seine Fans begeistern wird. Kenner seiner Romane können sich im übrigen über die Begegnung mit anderen aus den sogenannten Standalones bekannten Protagonisten freuen wie zum Beispiel Bobby Z und Frankie Machine.