Dachbodenfunde

Klaus Modick hat ein tolles Buch über die frühen 60er-Jahre im Nachkriegs(west-)deutschland geschrieben! Anhand von Fotos, die nach vielen Jahren auf dem Dachboden gefunden werden, wird die Geschichte von Markus erzählt. Er ist 15 Jahre alt und wächst in einer Familie auf, deren Denken und Fühlen sehr durch die Erfahrungen des Krieges geprägt sind. Da ist die Großmutter, die einen im Krieg in Italien gefallenen Sohn betrauert und wenig Verständnis dafür hat, dass nebenan eine italienische Familie einzieht.Da ist der Vater, erfolgreich als Apotheker, der aber immer noch an seine Erlebnisse in Russland denkt und seine Kinder mit ständig gleichen Erzählungen nervt. Die Mutter, die dem Traum von einer eigenen Karriere nachtrauert und Zuhause versauert. Und dann die ältere Schwester, die sich heimlich mit Jungen trifft und die Markus fotografiert, um sie dann mit diesen Fotos zu erpressen. Als nebenan Clarissa, die gleichaltrige Italienerin, mit ihrem Bruder und Vater einzieht, verliebt Markus sich zum ersten Mal, natürlich erfolglos. Die aufregenden Ereignisse in Markus' Leben sind eingebettet in die dramatischen Geschehnisse in diesen Jahren: der Mauerbau, die Kubakrise...
Die einzelnen Kapitel beginnt der Autor jeweils mit der Betrachtung eines Fotos und er erzählt dann die Entstehungsgeschichte dieses Bildes. Außerdem spielen die Musik und die Texte der Lieder eine große Rolle: bei den Teenagern z.B. Elvis Presley, bei der Mutter deutsche Schlager. Besonders amüsant ist hier der Anhang, dort werden einige Titel und Interpreten genannt, die man sich z.B. im Internet anhören kann (und sollte!).
Obwohl selbst etwas zu jung, um die Beschreibungen genau nachvollziehen zu können, kam mir doch einiges sehr bekannt vor. Und bestimmte Verhaltensweisen und Einstellungen meiner Eltern kann ich mir jetzt auch etwas besser erklären. An einigen Stellen bin ich sehr nachdenklich geworden, an anderen habe ich lachen müssen. Alles in allem ein wirklich lesenswertes Buch für alle Altersstufen!