Gelungene Reise ins Wirtschaftswunderland

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Als es in seinem Haus durchs Dach regnet, entdeckt Markus einen Karton auf dem Dachboden, in dem er seine alte Agfa-Kamera und längst vergessene Fotos findet. Durch diese fühlt er sich in die Jahre 1961/62 versetzt, in denen er seine erste große Liebe erlebt. Markus, 15 Jahre alt, lebt mit seinen Eltern, seiner großen Schwester Hanna sowie den Großeltern in einer norddeutschen Kleinstadt.Die Familie profitiert vom Wirtschaftsaufschwung im Westen, die Apotheke des Vaters läuft gut und materiell kann man sich einiges leisten. Der heranwachsende Markus fühlt sich jedoch eingeengt in die starren gesellschaflichen und moralischen Zwänge seiner Umgebung. Als die italienische Familie Tinotti, die eine Eisdiele in der Stadt eröffnen möchte, in das Nachbarhaus einzieht, stürzt deren Tochter Clarissa Markus in ein Gefühlschaos. Unbedingt will er das Herz der jungen Italienerin für sich gewinnen und versucht auf verschiedene Arten, ihr näher zu kommen. So bietet er z.B. seine Hilfe bei der Renovierung der Eisdiele an und nimmt bei Herrn Tinotti Gitarrenunterricht. Markus Familie ist von seinen Bemühungen alles andere als begeistert.
Besonders Oma, deren jüngster Sohn im 2. Weltkrieg in Italien gefallen ist, macht Stimmung gegen die neuen Nachbarn und lässt schließlich sogar eine Mauer zum Nachbargrundstück ziehen,
um die Tinottis auf Abstand zu halten.
Klaus Modick verstrickt in seinem Roman Klack meisterhaft die Geschichte von Markus erster Liebe zur Nachbarstochter Clarissa mit dem damaligen Zeitgeschehen. Gut ist die Idee, die verschiedenen Szenen durch die Beschreibung von Fotos einzuleiten. Das trägt zur abwechslungsreichen Gestaltung des Buches bei.
Mauerbau und Kubakrise bieten den perfekten Hintergrund für die persönliche Katastrophe des Heranwachsenden. Dabei prägt neben Detailtreue besonders der feine Humor das gelungene Werk.
Omas persönlicher Mauerbau, die Beschreibung der Verwandten aus der Ostzone, die schön ausgesuchten Liedtexte der damals gängigen Schlager, Schilderungen der typischen Partysnacks (Mettigel, Käse-Traubenspieße, Schnittchenplatte), das alles lässt den Leser während der Lektüre schmunzeln. Auch mir, die einige Jährchen später geboren wurde, klingen Werbesprüche wie "Bauknecht weiß, was Frauen wünschen", oder "Peter Stuyvesant, der Duft der großen weiten Welt" noch in den Ohren. Alles in allem ein wirklich gelungenes Zeitportrait.
Ich habe die Lektüre von Klaus Modicks "Klack" sehr genossen und würde das Buch auch durchaus jüngeren Leser empfehlen, um sich einmal einen Eindruck von der Zeit zu verschaffen, in der Deutschland vom Wirschaftswunder profitierte, die Welt aber fast in einen 3. Weltkrieg geschlittert wäre.