Klack- ein Erinnerungsreigen

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mrs-lucky Avatar

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Dieser Roman hat mir die Augen geöffnet – besser als jeder Erziehungsratgeber habe ich durch diese Geschichten einen Eindruck davon bekommen, was im Kopf eines pubertierenden Jungen vor sich geht, und warum halt manchmal nichts mehr geht.

Aber der Reihe nach: Markus findet beim Aufräumen des Dachbodens seine alte „Agfa Klack“ nebst dazugehörenden Abzügen wieder. 1961 hat er diesen Fotoapparat auf dem Jahrmarkt gewonnen, die Ereignisse aus dem darauf folgenden Jahr hat Markus längst vergessen, die Fotos rufen jedoch alte Erinnerungen hervor.

In jedem  Kapitel greift sich Markus eines der alten Schwarz-Weiß-Fotos und beschreibt kurz Motiv und Aufnahmesituation. Danach folgt die damit verbundene Erinnerung, wobei die Ereignisse eines guten Jahres chronologisch nach gezeichnet werden. Der Leser nimmt auf diese Weise Anteil an den Erlebnissen, Gedanken und Nöten von Markus, der mitten in der Pubertät steckt und gerade das erste Mal verliebt ist – ausgerechnet in die Tochter der italienischen Nachbarn! Markus Erzählungen reflektieren die Spießigkeit seines gutbürgerlichen Elternhauses und den Umgang der Nachkriegsgesellschaft mit einschneidenden politischen Veränderungen wie dem Mauerbau oder der Kubakrise.

Markus ist in einem Alter, in dem er Bemerkungen seiner Familie nicht kommentiert sondern auf eher naive Art wieder gibt. Der Autor bedient sich dabei einer sehr ausgefeilten nuancierten Sprache, die eingestreuten Werbe- und Schlagertexte verleihen den einzelnen Szenen eine besondere Lebendigkeit und nehmen den Leser mit auf eine Zeitreise. Zwar bin ich erst einige Jahre später geboren worden, dennoch deckeln sich meine Erfahrungen in vielen Situationen mit denen Markus, die Tanzstunden, gemeinsame Mittagessen am Sonntag mit Rouladen und Stachelbeerkompott, das war auch zu meiner Zeit nicht anders.

Dies war mal wieder ein Buch, bei dem ich meinen Mann an einigen Passagen unbedingt teilhaben lassen und sie ihm vorlesen musste, das passiert mir nicht oft!