Sommerwind

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wal.li Avatar

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Einmal ein Hauptgewinn - die freie Auswahl, wann passiert das schon. Der fast 15jährige Markus ist der Glückspilz. Gerade noch vier Groschen hat er gegen Ende seines Besuchs des Ostermarktes im Jahre 1961 und drei davon braucht er für das Los. Die frei Wahl ist manchmal nicht so einfach. Spielzeug? Nein, dafür ist er wirklich zu alt. Haushaltskram? Das ist wohl eher etwas für seine Mutter. Aber da, eine Kamera, ja, genau, das ist es. Und schon bald ist das erste verschwommene Foto geschossen.
Als Markus viele Jahre später die vergessene Kamera und seine Fotos auch dem Dachboden findet, kommen auch die Erinnerungen wieder.
Mit wunderbar leichten Worten schildert der Autor etliche Monate des jungen Markus´ Jugend. Der gerne schon älter wäre, der sich in dem gutbürgerlichen Elternhaus eingeengt fühlt, der aber dennoch den Eltern und Großeltern nicht zu viele Wiederworte geben mag. Schließlich erinnern sie ihn wieder und wieder daran wie gut es ihm geht. Wirtschaftswunder und Nachkriegszeit, sie treffen in den 60ern wohl aufeinander und während sich die schwere Nachkriegszeit so langsam verabschiedet und ins Wirtschaftswunder übergeht, bleiben doch die Erinnerungen und die Risse, die der Krieg der Familie beigebracht hat. Auch der junge Markus muss das Leben erfahren. Der erste Todesfall, sein Großvater, mit dem er nicht so recht umzugehen weiß. Das halbverfallene Haus nebenan, in dem plötzlich Italiener einziehen, sehr zum Missfallen der Großmutter, deren jüngster Sohn doch während des Krieges in Italien umkam. Und Clarissa, die erste Liebe, die doch nicht werden will. Fotos voller Erinnerungen, die vergangene Zeiten zurückbringen. Die vergangene Zeiten auch denen nahebringen, die sie nicht miterlebt haben. Doch so verläuft sie die Jugend, endlos scheint sie, doch so schnell vorbei. Tragisch manchmal, doch voller Lebenskraft. So wie Markus mit den Fotos seine Erinnerungen aufblättert, so erinnert sich auch der Leser an die eigene Jugend, an die eigenen Eltern, die erste Liebe. Vielleicht ist es nicht so viel anders als in den 60ern, gab es immer schon Konflikte zwischen den Generationen. Doch wie glücklich sind wir heute, da die Eindrücke des Krieges und der Schreckensherrschaft der Nazis wenigstens zu großen Teilen überwunden scheinen. Wie glücklich diese Zeit, ohne große Bedrohung. Doch wissen wir das zu schätzen?
Dieser Roman entführt einen mit sicheren Schritten in eine andere Zeit, bringt sie nahe, ohne zu belehren, unterhält bestens und regt dabei zum Nachdenken an. Was will man mehr?