Wer kennt sie noch, die Pest? Und Cholera? Und Polio?

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ismaela Avatar

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"Klartext Impfen" ist ein Buch, das aus dem Wust an impfkritischer Literatur und verblödetem Schreibkrampf irgendwelcher Aluhut-Verschwörungstheoretiker angenehm heraussticht, und von zwei bodenständigen Ärzten mit Sachverstand, aber auch kritischer Sichtweise, aufgearbeitet wurde.

Dass es hier in Deutschland überhaupt so ein Buch braucht, ist meiner Meinung nach traurig und erbaulich zugleich, denn es zeigt auf der einen Seite, dass wir in einem Luxus- und Wohlfühlstaat leben, in dem es Krankheiten wie eben Pest, Diphterie, Kinderlähmung etc. nicht mehr - oder nur noch sehr vereinzelt - gibt, weil wir in den Genuss von Impfungen kommen können, die uns zusätzluch zur Gesunderhaltung auch noch kaum oder gar nichts kosten (zumindest nicht direkt). Eine Folge dieses Luxuses ist aber auf der anderen Seite auch, und das zeigen die beiden Autoren deutlich auf, dass sich Menschen dessen nicht mehr bewusst sind, und sich auf einzelne Themen - wie eben hier das Impfen - stürzen, dieses auseinanderpflücken und dabei beginnen, sich paranoide Verschwörungstheorien zusammenzufantasieren. So wurde irgendwann beispielsweise der Zusammenhang von Impfungen und Autismus bewusst falsch lanciert - und obwohl diese Falschaussage aufgedeckt und kommuniziert wurde und wird, ist diese bei Impfgegnern der Renner schlechthin. Die beiden Autoren von "Klartext Impfen" prangern hier vor allem auch das Internet an, mit dessen Hilfe die Gemeinschaft der Impfgegner viel stärkeren Zulauf hat, und auch immer abstrusere Blüten treibt, als seriöse Beratungsstellen, die mit Fakten(wissen) und Aufklärung dienen könnten.

Sehr gut gelungen finde ich den Aufbau des Buches, bei dem von den Impfanfängen bis hin zur Impfindustrie alle Themenbereiche abgedeckt werden, auch wenn mir ab und an ein bisschen der rote Faden gefehlt hat. Vieles wiederholt sich in den weiteren Kapiteln, das hätte man vielleicht ein bisschen straffen können. Sehr angenehm empfand ich auch die kritische Seite, die die Autoren bezüglich Impfungen anschneiden. Sie erwähnen Krankheits- und Todesfälle, die es durch Impfungen gab und immer noch gibt, belegen aber mit Zahlen, Studien und der Beschreibung der sehr strengen Vorschriften das Zustandekommen dieser Zahlen, und zeigen auf, wie marginal diese sind im Vergleich zu den Menschenleben, die durch Impfungen gerettet wurden. Die Autoren verschweigen auch nicht, dass mit den Vorzügen der Impfungen eine große Industrie daraus entstanden ist, die, wie es im Kapitalismus nun mal ist, vor allem auf Profit ausgelegt ist, und daraus der traurige Satz resultiert: die Reichen haben die Ärzte, die Armen haben Pech.

Insgesamt ein sehr lesenswertes Buch, das beschreibt, warum das Impfen so wichtig ist, und wie dieses Gebiet die Menschheit gewandelt hat. Ich fürchte, Impfgegner werden für die Argumente in den Texten nach wie vor nichts übrig haben, trotzdem wünsche ich diesem Buch eine weite Verbreitung!