Intelligent konstruierte und sehr fesselnde Familiengeschichte, die allerhand Diskussionsgrundlagen zu bieten vermag!

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Kurzbeschreibung (Quelle: Verlagsseite)
Es brennt! In jedem der Schlafzimmer hat jemand Feuer gelegt. Fassungslos steht Elena Richardson im Bademantel und den Tennisschuhen ihres Sohnes draußen auf dem Rasen und starrt in die Flammen. Ihr ganzes Leben lang hatte sie die Erfahrung gemacht, »dass Leidenschaft so gefährlich ist wie Feuer«. Deshalb passte sie so gut nach Shaker Heights, den wohlhabenden Vorort von Cleveland, Ohio, in dem der Außenanstrich der Häuser ebenso geregelt ist wie das Alltagsleben seiner Bewohner. Ihr Mann ist Partner einer Anwaltskanzlei, sie selbst schreibt Kolumnen für die Lokalzeitung, die vier halbwüchsigen Kinder sind bis auf das jüngste, Isabel, wohlgeraten. Doch es brennt. Elenas scheinbar unanfechtbares Idyll – alles Asche und Rauch?


Autorin (Quelle: Verlagsseite)
Celeste Ng (sprich: Ing) wuchs auf in Pittsburgh, Pennsylvania und in Shaker Heights, Ohio. Ng studierte in Harvard und machte ihren Master an der University of Michigan. Sie schrieb Erzählungen und Essays, die in verschiedenen literarischen Magazinen erschienen und mit dem Hopwood Award und dem Pushcart Prize ausgezeichnet wurden. 'Was ich euch nicht erzählte', ihr erster Roman, war ein New York Times-Bestseller, der, vielfach prämiert, in 20 Sprachen übersetzt wurde und auch verfilmt wird.


Allgemeines
Titel der Originalausgabe: „Little Fires Everywhere“, ins Deutsche übersetzt von Brigitte Jakobeit
Erschienen am 20.04.2018 bei der dtv Verlagsgesellschaft als HC mit 384 Seiten
20 Kapitel, Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
Handlungsort und -zeit: Shaker Heights (Vorort von Cleveland, Ohio), 1997-1998


Zum Inhalt
Shaker Heights ist ein Vorort von Cleveland in Ohio, hier leben die gutsituierten und „anständigen“ Bürger nach festen Regeln, die Länge des Rasens ist ebenso reglementiert wie der Anstrich der Häuser und ein gewisser Verhaltenskodex. Auch die Familie Richardson mit ihren vier Kindern Lexie, Trip, Moody und Izzy ist schon lange fester Bestandteil einer Gesellschaft, in der das Aufregendste der Klatsch über Nicht-Angepasste ist. Zu diesen gehört allerdings auch die junge Izzy, die zum Ärger ihrer nach außen hin perfekten und wohltätigen Mutter Elena nicht nur eigenständige Gedanken hat, sondern diese auch unverblümt ausspricht. Das friedlich dahinplätschernde Leben der Familie bekommt Risse, als Elena ein von ihren Eltern geerbtes Haus an die alleinerziehende Künstlerin Mia und deren Tochter Pearl vermietet. Auch Mia ist eine Individualistin, die sich weder in ihr Leben hineinreden lässt noch zögert, für das einzutreten, was sie für richtig hält. Als sie damit gegen die Interessen einer guten Freundin von Elena vorgeht, beschließt diese, in der bisher nie thematisierten Vergangenheit von Mia herumzuschnüffeln, um eine Waffe gegen sie in der Hand zu haben.
Doch die „Zündeleien“, die sie vornimmt, werden zu „Kleinen Feuern überall“ in ihrem eigenen Haus führen…


Beurteilung
Der Roman schildert das Leben einer wohlhabenden amerikanischen Familie in den Jahren 1997 / 1998, dieses Leben wurde und wird vor allem von der Mutter Elena, die bereits in Shaker Heights geboren und aufgewachsen ist, durchgeplant. Für die Kinder – inzwischen allesamt Teenager - sind ein guter Abschluss an der Highschool und dann ein Studium vorgesehen. Drei der vier Kinder „funktionieren“ auch gut, doch die Begegnung mit der unkonventionellen Kunstfotografin und Gelegenheitsjobberin Mia und ihrer Tochter Pearl eröffnet den Jugendlichen einen Blick auf eine andere Welt und bisher unbekannte Denkmodelle. Elena ist vor allem mit dem Kleinkrieg gegen die aufmüpfige Izzy beschäftigt, sie bekommt nicht mit, dass es auch im Leben der anderen Kinder zu Verwerfungen kommt. Als Mia sich indirekt ins Leben einer guten Freundin von Elena einmischt, beschließt Elena, die Geheimnisse in Mias Leben auszuspionieren.
Die Charakterisierung aller Romanfiguren ist sehr ausgefeilt, die Autorin verleiht allen Figuren eine individuelle Persönlichkeit. Besonders Elena, die der Leser anfangs für eine sympathische und liebevolle Familienmangerin halten muss, entpuppt sich immer mehr als eine manipulative Intrigantin.
Getrieben von Rachsucht und Halbwissen legt sie unbeabsichtigt viele kleine Feuer, die ihr schließlich einen hohen Preis abverlangen.
Der Roman thematisiert in unterschiedlicher Weise das Verhältnis von Müttern zu eigenen und Adoptiv-Kindern und bietet damit interessante Diskussionsanreize zur Frage, inwieweit und unter welchen Umständen Mütter das Recht an ihren Kindern haben und ob Mutterliebe allein grundsätzlich das Kindeswohl garantieren kann.
Die eigentlich eher unspektakulär gehaltene Erzählung ist äußerst fesselnd, da der Leser durch den Perspektivwechsel Einblick in die Gefühlswelt aller Romanfiguren erhält und deshalb immer einen Wissensvorsprung vor allen Familienmitgliedern hat. Es fällt sehr schwer, diesen Roman aus der Hand zu legen, bevor man ihn ausgelesen hat.


Fazit
Eine intelligent konstruierte und sehr fesselnde Familiengeschichte, die allerhand Diskussionsgrundlagen zu bieten vermag, unbedingt empfehlenswert!