Mütter und Töchter

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hurmelchen Avatar

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Celeste Ng kann ohne Zweifel begeisternd schreiben. Das beweist sie auch in ihrem zweiten Roman "Kleine Feuer überall".
Das ihr dabei auf 382 Seiten irgendwann die Luft ausgeht, zeigt, das diese Autorin noch viel vor sich hat. So liegt im Negativen oft das Positive.

"Kleine Feuer überall" ist ein Buch über Mütter und Töchter, über Lügen und Geheimnisse und wie diese am Ende immer ans Tageslicht drängen und dabei manche Tragödie auslösen.
Mittelpunkt dieser Tragödie ist die weiße Oberschicht- Familie Richardson, die in einem Vorzeige- Stadtteil von Cleveland namens Shaker Heights lebt.
Allen voran die Mutter Elena Richardson, der sehr im Hintergrund bleibende Gatte, ein Anwalt, sowie die vier Kinder Lexi, Trip, Moody und Izzy ( Namen, die wie die der Kinder von Sarah Palin klingen...).
Der Bilderbuch- Familie Richardson steht die alleinerziehende Künstlerin Mia, nebst Tochter Pearl gegenüber, die ein Häuschen der Richardsons mieten, und deren Geschichte sich schon bald mit der der Richardsons kreuzt.

In der ersten Hälfte des Romans begeistert Celeste Ng mit sauberer Charakterzeichnung ( wobei interessanterweise die Männer, außer den Jugendlichen, eine seltsam untergeordnete Rolle spielen), gut recherchiertem Setting ( Ng ist selbst in Shaker Heights aufgewachsen) und geheimnisumwaberten Plot.
Das alles liest sich perfekt, schnurrt vor sich hin und läßt den Leser aufseufzen:"Ach, würden doch mehr deutsche Autoren so schreiben!".
Irgendwann jedoch verflacht die Mär von Leihmüttern, Adoptivmüttern, guten, schlechten, überforderten Müttern, Mütter, die abtreiben oder Künstlerinnen sein wollen, sowie pubertierenden Teenies, die schlauer sind, als ihre Mütter.
Nach 200 Seiten wähnt man sich in einem "Young Adult" Roman oder, schlimmer noch, auf der Trivialschiene. Nichts gegen YA - und Trivialromane, aber sie als große Literatur zu verkaufen, verbietet sich.
Die Geschichte beginnt zu retardieren und nimmt Wendungen, die unwahrscheinlich sind und mich als Leser zum Kopfschütteln verleitet haben.

Aus einem anfangs 5-Sterne Buch, wurde im Handumdrehen ein 3-Sterne Buch.
Die Handlung sei hier noch nicht einmal ansatzweise wiedergegeben, da sie am Ende des Romans einfach unglaublich banal erscheint.

Celeste Ng wird noch gute Bücher schreiben, wenn sie die Moralkeule im Keller läßt und lernt, das nicht jeder Protagonist sympathische Seiten haben muss.