Was sind die wahren „Kleinen Monster“ unseren Lebens?! 👹

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Jessica Lind wirft mit „Kleine Monster“ die Frage auf, ob Kinder wirklich so unschuldige Wesen sind?!

Ein Vorfall in der Schule führt zu einer Unterredung der Grundschullehrerin mit den Eltern von Lucas. Aber wie hat sich der Zwischenfall mit dem Mädchen und ihm - allein im Klassenzimmer - nun wirklich zugetragen?
Pia, Jakob und ihr kleiner Sohn scheinen eine glückliche Familie zu sein - doch der Vorfall (über den wir nur wage Details erfahren) bringt sie in einen Strudel von unglückseligen Verkettungen. Sie werden aus der Klassen-WhatsApp-Gruppe entfernt - ihnen wird die Möglichkeit der Verteidigung ihres Sohnes entzogen.

Es kommen Zweifel in Pia auf - ist ihr Sohn wirklich so unschuldig, wie sie glaubt, oder steckt in ihm vielleicht doch ein „Kleines Monster“?! Hat er alles erzählt von dem Vorfall oder doch etwas verschwiegen? Wie manipulativ kann ein kleiner Junge sein?
Durch die Perspektive der Ich-Erzählerin Pia erfahren wir ihre innere Transformation. Ihr Blickwinkel ändert sich und sie beginnt den Vorfall akribisch unter die Lupe zu nehmen. Sie durchdenkt die kleinsten Kleinigkeiten und wird von einer unerschütterlich liebenden Mutter zu einer mit Skrupeln behafteten Erziehungsberechtigten. Eine Reflektion und Analyse ihrer eigenen Kindheit folgt, in der sie über ihr Verhalten als Schwester nachdenkt und sie zieht Bilanz: Sie erkennt ihre Adoptivschwester Romi in ihrem Sohn wieder, um die sich immer ein Geheimnis wob und spürt eine Verantwortung, es zu lüften.

In einem zweiten Handlungsstrang erfahren wir von Pias Kindheit - wie sie aufgewachsen ist und wie ihr Verhältnis zu ihren Eltern war. Sie ist Älteste von drei Schwestern: Romi war die Mittlere und Adoptivkind, das schon immer eigene Wege ging und die Jüngste, Linda, hat verblüffende Ähnlichkeit mit ihrem eigenen Sohn und ist auf tragische Weise mit nur vier Jahren in einem See in der Nähe des Elternhauses ertrunken.

Diesen Unfalltod würde ich als Herzstück des Romans bezeichnen. Auf traumatische Weise prägt er Pias Beziehungen, ihre Persepektive auf Erziehung und ihren Sinn für Familie.
Sie selbst erfuhr eine stringente Härte in der eigenen Erziehung, geprägt durch Peinigung und Maßregelung (auch für unwichtig anmutende Vergehen) - sie könnte ein Buch über all die Züchtigungen und Strafen schreiben, die ihre Eltern ihr auferlegten. Durch Härte versuchten die Eltern die Kontrolle zu behalten - aber ist das der richtige Weg, oder verliert man sie durch solches Verhalten eher?!
Pia verließ schließlich ihr Elternhaus.

Im Laufe der Lektüre ist mir immer klarer geworden, wie sehr wir von unserer Kindheit geprägt sind - erst recht Pia, deren Trauma ihr ständiger Begleiter ist und die von ihrer Vergangenheit eingeholt wird. Die Quintessenz ist eine ständige Neubewertung von Beziehungen, von Kommunikation (sei es aktuell oder vergangen) und ein Auseinanderklamüsern von Situationen, die mehr im Zentrum unseres Lebens stehen, als wir zunächst dachten.
Was sind die wahren „Kleinen Monster“ unseres Lebens?! Jessica Lind macht klar, dass wir uns in einem ständigen Prozess in Auseinandersetzung mit uns Selbst, prägenden Situationen und Beziehungen in unserem Leben befinden und dass wir auf dem richtigen Weg sind, wenn wir all die Zweifel, Ängste, Ärgernisse zulassen - denn nur so ist eine Weiterentwicklung unseres Selbst möglich und bildet die Basis für Zufriedenheit im Leben.