Sich der Welt öffnen

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Der französische Philosoph und Autor Charles Pépin hat schon mehrere erfolgreiche Essays veröffentlicht – nun widmet er sich gewohnt elegant, unterhaltsam und intellektuell tiefgründig der Begegnung. Ein Vorfreude erzeugendes Thema in einsamen Pandemie-Zeiten mit wenig physischen Begegnungen – Grund genug, diese romantischen, freundschaftlichen, zufälligen oder beruflichen Treffen etwas näher und mit anderen Augen zu betrachten, um in Zukunft noch mehr daraus ziehen zu können.

Die „Kleine Philosophie der Begegnung“ ist in drei eindrucksvolle Teile gegliedert – Teil 1 widmet sich den Zeichen der Begegnung: Lehrreich, bewegend und mit vielen Passagen und Aussagen zum Anstreichen erläutert Pépin, was bei einer Begegnung passiert, wenn wir den anderen wirklich sehen, wie unser Schutzpanzer Risse bekommen kann und welche neuen Veränderungschancen sich bei einer Konfrontation mit dem Anderssein eröffnen. Teil 2 beschäftigt sich mit den Bedingungen einer Begegnung und Teil 3 macht deutlich, dass das wirkliche Leben Begegnung ist.

Charles Pépin zitiert in seinen präzisen und lehrreichen Überlegungen nicht nur zahlreiche Philosophen, gewitzt und assoziativ lässt er auch Filme, Musiker und Künstler miteinfließen. Im Handumdrehen lässt er den Leser seine Gewohnheiten bei Begegnungen überdenken, ohne polemisch oder belehrend zu wirken. Er offeriert jedem die Möglichkeit, eine Begegnung durch mehr Aufmerksamkeit wahrhaftig und magisch werden zu lassen und durch sie sich selbst einem Stück näher zu kommen. Dazu gehört auch Mut, das Ablegen von Masken und Panzern, das Verlassen bekannter sozialer Schichten und etwas Achtsamkeit. Pépin trifft meist einen leicht zugänglichen und charmanten Ton, wenn er auf philosophischer Ebene mit vielen kulturellen, historischen und künstlerischen Bezügen analysiert und insgesamt zu einer faszinierenden Reise zu sich selbst einlädt – in der echten Begegnung und Veränderung mit anderen.

Ein inspirierendes, aufschlussreiches und Horizont erweiterndes Buch, das immer wieder gelesen werden kann!

„Darin besteht ihre Kraft und ihr Mysterium: Ich brauche den Anderen, ich muss dem Anderen begegnen, um mir selbst zu begegnen. Ich muss anderen begegnen, um ich selbst zu werden.“ S. 12