wenn das Leben andere Pläne hat

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aygen Avatar

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197 Seiten Leben. Zuallererst muss ich zum Cover etwas sagen . Ohara Koson „der Reiher im Regen“ wunderbar und passend gewählt. Dieses Cover hat mich direkt angesprochen. Der Klappentext allerdings auch. Es geht um Lars Cornelius Messerschmitt 49 Jahre, nach 25 Jahren Ehe indirekt verlassen worden, zwei Kinder, die im Auslandsjahr sind. Indirekt verlassen wurden fragt ihr euch? Ja ! Denn Lars nimmt die Realität nicht wirklich so wahr wie sie ist. Er dümpelt so vor sich hin. Er glaubt seinen Traum von dem einem Buch zu verfolgen, das er schreiben wird. Sein Lebenswerk. Währenddessen verwandelt sich das Haus in eine Messibude. Allein aber nicht einsam führt er ein beschäftigtes Leben, so beschäftigt, dass er nicht mal dem Haushalt schafft oder ein Bett für seine Tochter aufbauen kann.
Jahreswechsel Lars wills jetzt wissen. Es ist seine Zeit , er glaubt alles zu schaffen und dann wird Johanna seine Frau erkennen, dass er sich geändert hat und seine Kinder werden ihn anders sehen.
Ich bin ein sehr ordnungsliebender Mensch, sehr routiniert. Ich gehe nicht schlafen ohne aufzuräumen. Ich brauche meinen mir gewohnten Ablauf, sonst verfalle ich ihn stress. Lars ist anders. Alles ist zugemüllt mit leeren Essensbehältern, vollen Aschenbechern und verklebten Kaffeerändern.

Er erzählt uns seine Geschichte . Wir lesen mit und erleben, wie er sein Leben zu retten versucht. Lars hat vergessen wie das geht. Er hält so sehr an dem Gedanken fest ein Buch zu schreiben, dass er vergessen hat zu leben. Seine Kinder, seine Frau alle sind nicht da und er erfindet für all das Chaos seine persönliche Erklärung. Mit ironischem Ton lässt uns die Autorin Lars begleiten. Zeitweise in den Abschnitten des lethargischen Zustandes, wo immer Zeit für eine Zigarette ist aber sonst zu nichts die Zeit zu reichen scheint, war ich kurz vor dem ausrasten. Wollte Lars schütteln und wachrütteln. Lars lässt uns auf ganz verrückte Art an seinen Gedanken teilhaben, er spinnt sich Geschichten zusammen. Manchmal mischt sich Realität mit Fiktion.

Doch irgendwie je mehr ich ihn kennenlerne, empfinde ich auch Verständnis. Dieser Erfolgsdruck, dieser Geltungsdruck, all die Erwartungen. Sein Traum vom eigenen Buch. Manchmal vergessen wir , wir selbst zu sein. Lassen nicht los, sind versteift und leben in einer Bubble. Wir vergessen wie lebenswert das Leben ist, solange wir gesund sind.
Im letzten Drittel als er nicht möchte, dass seine Frau auflegt und er ihr beim „Leben“ zuhören kann, war ich sehr gerührt. Diese Nähe und Liebe, die er für seine Frau empfindet wird hier so deutlich. Lars will kämpfen und wir erleben seinen Wandel. Seine Willenskraft ist da, würde seine Tochter jetzt sagen.
Dieses Buch ist wunderbar philosophisch, tragikomisch und emotional. Das letzte Drittel empfand ich als sehr intensiv. Mir hat es sehr gut gefallen und ich muss noch andere Werke der Autorin lesen.